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Gesetz zur Umsetzung der Umwand­lungsrichtlinie (UmRUG) – ein erster Überblick

Seit dem 01.03.2023 enthält das Umwandlungsgesetz (UmwG)einen eigenen Regelungskatalog für grenzüberschreitende Umwandlungen im Sechsten Buch. Erklärtes Ziel der mit der Gesetzesänderung umgesetzten Richtlinie (EU) 2019/2121 ist der Schutz der Anteilsinhaber, Gläubiger und Arbeitnehmer, deren Beziehungen sich zur Gesellschaft aufgrund der Geltung einer ausländischen Rechtsordnung verändern. Welche Änderungen sich konkret ergeben und wie das Verfahren einer grenzüberschreitenden Umwandlung ausgestaltet ist, möchten wir überblicksartig skizzieren.

Am 01.03.2023 ist das Gesetz zur Umsetzung der EU-Umwandlungsrichtlinie (UmRUG) (BGBl. I 2023, Nr. 51 vom 28.02.2023) – mit etwas Verspätung – in Kraft getreten.

Bislang war im Umwandlungsgesetz (UmwG) nur die grenzüberscheitende Verschmelzung in den §§ 122a – 122m geregelt. Für die grenzüberschreitenden Formen der Spaltung (Aufspaltung, Abspaltung oder Ausgliederung) über eine oder mehrere EU-Binnengrenzen und den grenzüberschreitenden Formwechsel existierte bislang kein gesetzlicher Rahmen. Allenfalls auf Basis der Rechtsprechung des EuGH und unter Berufung auf die Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV) – zuletzt in der Rechtssache Polbud – konnte ein grenzüberschreitender Formwechsel im EU-Binnenraum ohne harmonisiertes Regelungsregime gelingen. Für grenzüberschreitende Spaltungen blieb selbst dieser Weg praktisch verschlossen.

Durch das UmRUG wird das UmwG durch ein neues, sechstes Buch ergänzt, das sämtliche Formen grenzüberschreitender Umwandlungen erfasst – und damit in den §§ 305 ff. UmwG auch die bereits existierenden Regelungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung in richtlinienkonformer Überarbeitung mit aufnimmt.

Besonderes Augenmerk der mit dem UmRUG umgesetzten Richtlinie (EU) 2019/2121 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.11.2019 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132) liegt im Schutz der (Minderheits-)Gesellschafter (Anteilsinhaber), Gläubiger und Arbeitnehmer. Diese Ziele sollen nach einem Erwägungsgrund der Richtline durch die Schaffung eines Rechtsrahmens für grenzüberschreitende Umwandlungen und Spaltungen erreicht werden und damit Rechtszersplitterung und Rechtsunsicherheit beseitigt werden.

Im Einzelnen:

Schutz der Anteilsinhaber

Der Schutz der Anteilsinhaber soll durch verschiedene in der umgesetzten Richtline enthaltene Maßnahmen sichergestellt werden.

Verbesserung unangemessener Umtauschverhältnisse

Neben den Regelungen zu sämtlichen Formen grenzüberschreitender Umwandlungen regelt das UmRUG auch die Erstreckung des Spruchverfahrens auf die Geltendmachung unangemessener Umtauschverhältnisse und Barabfindungen auf die Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers. Sowohl im Rahmen von nationalen Verschmelzungen und Spaltungen, aber auch bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen und Spaltungen (nicht anwendbar sind die Regelungen für Anteilsinhaber eines übertragenden Rechtsträgers bei der Ausgliederung), kann eine Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses nicht darauf gestützt werden, dass das Umtauschverhältnis der Anteile nicht angemessen ist oder dass die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger kein angemessener Gegenwert für die Anteile oder die Mitgliedschaft bei dem übertragenden Rechtsträger ist. Anstatt dessen kann jeder Anteilsinhaber von dem übernehmenden Rechtsträger einen Ausgleich durch bare Zuzahlung verlangen. Anteilsinhaber können somit das Umtauschverhältnis im Spruchverfahren überprüfen lassen, jedoch nicht aus diesem Grund den Umwandlungsvorgang verhindern oder verzögern.

Gewährung zusätzlicher Anteile

Zudem können Anteilsinhabern künftig anstelle barer Zuzahlungen zusätzliche Anteile an dem übernehmenden Rechtsträger gewährt werden. Dies gilt sowohl für nationale als auch für grenzüberschreitende Umwandlungsmaßnahmen mit einer AG, KGaA oder einer bereits bestehenden SE als aufnehmender Rechtsträger oder als Zielrechtsform. Für die Verschmelzung sind die Neuregelungen der §§ 72a, b UmwG eingefügt worden, im Übrigen entsprechende Verweise.

Bisher erfolgte der im Spruchverfahren festzusetzende Ausgleich für ein unangemessenes Umtauschverhältnis ausschließlich durch Zahlung von Geld. Die für die Gewährung zusätzlicher Aktien erforderlichen Anteile können im Wege einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage unter Einbringung des Anspruchs der Anteilsinhaber auf Gewährung zusätzlicher Aktien geschaffen werden. Die Gesellschaften können durch die Gewährung von zusätzlichen Aktien vor einem ungewissen Liquiditätsabfluss bewahrt werden. Soweit ein derartiger Liquiditätsschutz beabsichtigt ist, ist dies von den beteiligten Rechtsträgern im Umwandlungsplan bzw. -vertrag vorzusehen.

Austrittsrecht gegen Barabfindung

Bei allen Formen der grenzüberschreitenden Umwandlung besteht ein Austrittsrecht der Gesellschafter gegen Barabfindung. Das Barabfindungsangebot ist in jedem Fall auf seine Angemessenheit hin zu prüfen und setzt einen Widerspruch des Anteilsinhabers gegen den Verschmelzungsbeschluss voraus. Zudem steht es unter dem Vorbehalt des Wirksamwerdens der Umwandlung, falls es letztlich nicht zum Vollzug des Umwandlungsvorgangs kommt. Folge der Angebotsannahme ist das Ausscheiden noch aus der inländischen (übertragenden) Gesellschaft.

Schutz der Gläubiger

Bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung und Aufspaltung kommt es zum Untergang des haftenden Rechtsträgers sowie zum Verlust des allgemeinen Gerichtsstands. Bei einer Abspaltung nimmt im Regelfall das Haftungssubstrat ab. Um möglichen Rechtsnachteilen von Gläubigern des übertragenden Rechtsträgers zu begegnen, bietet das Gesetz nunmehr für alle Formen der grenzüberschreitenden Umwandlung einen vorgelagerten Gläubigerschutz durch Sicherheitsleistung, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Erfüllung der Gläubigerforderung durch die Verschmelzung gefährdet wird. Dies bedeutet, dass – im Gegensatz zu nationalen Umwandlungen – bereits vor Wirksamwerden der Umwandlung das Registergericht zu prüfen hat, ob Gläubiger nach Bekanntmachung des Verschmelzungs-, Spaltungs- oder Formwechselplans Ansprüche auf Sicherheitsleistungen geltend gemacht haben. Wurden Forderungen gegen den übernehmenden Rechtsträger nur geltend gemacht und ist entweder die Sicherheitsleistung nicht gezahlt worden oder nicht rechtkräftig entschieden worden, dass der Anspruch auf Sicherheitsleistung nicht besteht, gilt so lange eine Registersperre. Die Umwandlung darf dann nicht eingetragen werden und das Gericht stellt keine Vorabbescheinigung aus (siehe unten Verfahren).

Für Streitigkeiten über den Anspruch auf Sicherheitsleistung und die Freigabe von geleisteten Sicherheiten besteht eine ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts, dessen Bezirk das für die Erteilung der Vorabbescheinigung zuständige Registergericht angehört.

Schutz der Arbeitnehmer

Die den Arbeitnehmer schützenden Mitbestimmungsrechte (das heißt Rechte der Arbeitnehmer, einen Teil der Mitglieder des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans der Gesellschaft zu bestellen oder eine solche Bestellung zu empfehlen oder abzulehnen) sind in den nationalen Rechtsordnungen sehr unterschiedlich ausgeprägt. Es bestand die Gefahr, dass durch grenzüberschreitende Umwandlungsmaßnahmen Mitbestimmungsrechte ausgehebelt werden können. Trotz des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung war vor allem im Rahmen von grenzüberschreitenden Spaltungen und Formwechseln Handlungsbedarf gegeben.

Die Umsetzung des Schutzes der Arbeitnehmerrechte wurde nicht im UmRUG selbst, sondern in einem gesonderten Gesetz sichergestellt, dem UmRUGMitbestG, das am 31.01.2023 in Kraft getreten ist. Teil dessen ist das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung (MgFSG). Zudem wurde auch das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung angepasst (MgVG).

Wesentlich ist, dass Verhandlungen über die Mitbestimmung in einer hervorgehenden Gesellschaft bereits dann erforderlich werden, wenn eine an der Verschmelzung, der Spaltung oder dem Formwechsel beteiligte Gesellschaft eine Zahl von Arbeitnehmern beschäftigt, die mindestens vier Fünftel des Schwellenwerts entspricht, der die Unternehmensmitbestimmung im Wegzugsmitgliedstaat auslöst oder die Gesellschaft bereits vorher mitbestimmt war. Flankierend besteht die Verpflichtung zur unaufgeforderten und unverzüglichen Information über das grenzüberschreitende Vorhaben unmittelbar nach Offenlegung des entsprechenden Plans, damit sodann ein entsprechendes Verhandlungsgremium gebildet werden kann. Sollte eine Einigung nicht möglich sein, greift die gesetzliche Auffanglösung. Wird der Schwellenwert nicht erreicht, kommt das nationale Mitbestimmungsrecht des Zuzugsstaates zur Anwendung. Die Regelungen zur Mitbestimmung sind damit, abgesehen von der neu geschaffenen „Vier-Fünftel-Regelung“, an das bereits für die Societas Europaea (SE) und für die grenzüberschreitende Verschmelzung bewährten Grundkonzept der Verhandlungs- und Auffanglösung angelehnt.

Darüber hinaus sieht auch das UmRUG einige, überwiegend neue Verfahrensvorschriften zum Schutz von Arbeitnehmerinteressen und ihren Vertretungen vor, die die Umwandlungspläne und -berichte sowie das Verfahren zur Eintragung der grenzüberschreitenden Umwandlung betreffen. Insbesondere werden – anders als bei nationalen Umwandlungen – die Betriebsräte oder hilfsweise die Arbeitnehmer durch den allgemeinen oder einen speziellen Verschmelzungsbericht über die Auswirkungen der grenzüberschreitenden Umwandlung informiert.

Verfahren

Den zuständigen Registergerichten für die an den grenzüberschreitenden Umwandlungen beteiligten Gesellschaften wird durch das UmRUG eine gesteigerte Bedeutung und Prüfungskompetenz zuteil. So hat das Registergericht des übertragenden Rechtsträgers zunächst zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die grenzüberschreitende Umwandlung vorliegen. Prüfungsgegenstand ist maßgeblich, ob die Vorschriften zum Schutz der Gesellschafter, Arbeitnehmer und Gläubiger eingehalten sind. Es prüft weiterhin, ob die grenzüberschreitende Umwandlung zu missbräuchlichen oder betrügerischen Zwecken, die dazu führen oder führen sollen, sich Unionsrecht oder nationalem Recht zu entziehen oder es zu umgehen, oder zu kriminellen Zwecken vorgenommen werden soll.

Sind die Voraussetzungen nach Prüfung des Registergerichts erfüllt, trägt es die Umwandlung im Handelsregister für den übertragenden Rechtsträger ein mit dem Vermerk, dass die grenzüberschreitende Umwandlung erst wirksam wird nach weiteren in dem verfahrensrechtlichen Prozess vorgegebenen und von den weiteren in den Mitgliedsstaaten beteiligten Registergerichten zu veranlassenden Maßnahmen. Das Registergericht stellt eine Verschmelzungsbescheinigung, Spaltungsbescheinigung bzw. Formwechselbescheinigung aus und leitet diese über das Europäische System der Registervernetzung dem/den jeweils anderen zuständigen Registergericht/en zu. Die Bescheinigung dient als Nachweis der ordnungsgemäßen Erledigung des vorangegangenen Verfahrens und ist Eintragungsvoraussetzung für die Eintragung der grenzüberschreitenden Spaltung in den Registern der Mitgliedsstaaten.

Ersichtlich führt der vom Gesetz vorgegebene Prüfungs- und Bearbeitungsmechanismus der verschiedenen, in die Umwandlung einbezogenen Registergerichte im In- und EU-Ausland zu einer Komplexität, die sich auch in einer entsprechend langen zeitlichen Dimension widerspiegeln wird. Dies hat sich bereits in der Vergangenheit bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen gezeigt. Naturgemäß werden dadurch grenzüberschreitende Umwandlungen zeitlich kaum planbar. Die in der Praxis häufig gelingende Abstimmung mit den Gerichten, die Umwandlung auf ein bestimmtes Datum wirksam werden zu lassen, wird zumindest deutlich erschwert.

Fazit

Das UmRUG hat das Umwandlungsgesetz durch die Zusammenfassung der die grenzüberschreitenden Umwandlungen betreffenden Vorschriften gesondert im Sechsten Buch vervollständigt. Durch die für das Umwandlungsgesetz typische Verweisungstechnik bleibt eine gewisse Logik erhalten und es wird eine unnötige Komplexität vermieden. In der Praxis werden die grenzüberschreitenden Umwandlungen unter dem neuen Regelungsregime ab dem 01.03.2023 zeigen, ob die schützenswerten Ziele der durch das UmRUG umgesetzten Richtlinie in einer angemessenen Balance zur Vollziehbarkeit grenzüberschreitender Umwandlungen stehen oder es allzu oft zu etwa einer Registersperre kommt. Zudem wird die tatsächliche Dauer grenzüberschreitender Umwandlungen eine interessante Erkenntnis sein, die im Rahmen von Strukturüberlegungen Eingang finden muss.

Die detaillierte Kommentierung der durch das UmRUG geänderten Vorschriften im UmwG erfolgt in der angekündigten 10. Auflage des Standardwerks Schmitt/Hörtnagl – Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz, deren Mitherausgeber bzw. Autoren die Verfasser sind.

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