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Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung einer globalen Mindestbesteuerung

Auswirkungen auf die Bildung latenter Steuern nach HGB und erweiterte Berichtspflichten für den (Konzern-) Anhang

Mit Datum vom 11.08.2023 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung und weiterer Begleitmaßnahmen vorgelegt. Herzstück des Gesetzentwurfs ist das Mindeststeuergesetz (MinStG). Darüber hinaus sind Änderungen im HGB vorgesehen. Hierbei beinhaltet der Gesetzentwurf explizit Ausnahmen hinsichtlich der Effekte der Mindestbesteuerung für Ansatz und Bewertung latenter Steuern. Zugleich werden aber die Berichtspflichten im Jahres- und Konzernabschluss erweitert.

Notwendige Umsetzung der EU-Richtlinie

Mit der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates vom 15.12.2022 zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union, ABl. L 328 vom 22.12.2022, S. 1, berichtigt in ABl. L 13 vom 16.1.2023, S. 9 (Mindestbesteuerungsrichtlinie – MinBestRL) wird eine globale effektive Mindestbesteuerung eingeführt. Damit im Zusammenhang steht die Anpassung einzelner Regelungen, insbesondere im Einkommensteuerrecht und Außensteuerrecht. Deutschland ist zur fristgerechten nationalen Umsetzung der verabschiedeten Mindestbesteuerungs-Richtlinie (MinBestRL) verpflichtet. Eine Nichtumsetzung würde gegen Unionsrecht verstoßen. Es bestehen keine Alternativen.

Ziel des nationalen Gesetzentwurfs

Mit Datum vom 11.08.2023 hat die Bundesregierung den Entwurf zur Umsetzung der supranationalen Regelungen vorgelegt unter der Bezeichnung „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung und weiterer Begleitmaßnahmen“.

Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfs ist die Umsetzung zentraler Elemente der internationalen Vereinbarungen zur Säule 2 der sogenannten Zwei-Säulen-Lösung und die Umsetzung weiterer Begleitmaßnahmen. Die in der internationalen Vereinbarung enthaltenen Nachversteuerungsregelungen sollen eine globale effektive Mindestbesteuerung sicherstellen, schädlichem Steuerwettbewerb und aggressiven Steuergestaltungen entgegenwirken und damit zur Förderung der Steuergerechtigkeit und Wettbewerbsgleichheit beitragen.

Die zentralen Regelungen zur Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben in nationales Gesetz finden sich in Artikel 1 des Gesetzentwurfs mit dem „Gesetz zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für Unternehmensgruppen (Mindeststeuergesetz – MinStG)“.

Darüber hinaus sind Folgeänderungen aus dem neuen „Mindeststeuergesetz“ in der Abgabenordnung (Artikel 2), im Finanzverwaltungs-, Einkommensteuer-, Außensteuer- und Umwandlungssteuergesetz (Artikel 3 bis 6) vorgesehen. Die Änderungen im HGB und EGHGB (zur Erstanwendung) finden sich in den Artikeln 7 und 8. Das Inkrafttreten des Gesetzes ist in Artikel 9 des Entwurfs geregelt.

Anwendungsbereich

Von der Mindeststeuer sind große Unternehmensgruppen betroffen, die die Umsatzgrenze in § 1 MinStG (EUR 750 Mio. Umsatzerlöse in mindestens zwei der vier vorangegangenen Geschäftsjahre) erreichen. Die Regelung erfasst sowohl international als auch national tätige Unternehmensgruppen. Für Unternehmensgruppen mit untergeordneter internationaler Tätigkeit ist allerdings eine fünfjährige Steuerbefreiung vorgesehen (§ 80 MinStG).

Damit ist der Anwendungsbereich der vorgesehenen Regelungen zur Mindestbesteuerung eingeschränkt.

Handelsrechtliche Relevanz

Neben den Auswirkungen auf die effektiven Steuern ergeben sich auch Folgefragen für die Bildung latenter Steuern im handelsrechtlichen Jahres- und Konzernabschluss sowie die dazugehörigen Berichtspflichten im Anhang und Konzernanhang.

Geplante handelsrechtliche Neuerungen

Der Gesetzentwurf sieht Änderungen in § 274 HGB zur Bildung latenter Steuern im handelsrechtlichen Jahresabschluss vor. Damit einhergehend werden auch die Berichtspflichten des § 285 HGB ausgeweitet.

Den Neuerungen im handelsrechtlichen Jahresabschluss folgen die angedachten Änderungen in § 306 HGB zur Bildung latenter Steuern im Konzernabschluss sowie in § 314 HGB zu den Angaben im Konzernanhang.

Dem § 274 Absatz 1 HGB soll folgender Satz als Satz 5 angefügt werden:

„Bei dem Ansatz latenter Steuern nach Satz 1 oder Satz 2 sind Differenzen aus der Anwendung folgender Gesetze nicht zu berücksichtigen:

  1. des Mindeststeuergesetzes und
  2. eines ausländischen Mindeststeuergesetzes, das der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates vom 15.12.2022 zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union (ABl L 328 vom 22.12.2022, S. 1; L 13 vom 16.1.2023, S. 9) oder der dieser Richtlinie zugrundeliegenden Mustervorschriften der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung für eine globale Mindestbesteuerung dient.“

Nach § 285 Nr. 30 HGB soll folgende Nr. 30a eingefügt und damit der Berichtsumfang ausgeweitet werden:

„30a. der tatsächliche Steueraufwand oder Steuerertrag, der sich nach dem Mindeststeuergesetz und ausländischen Mindeststeuergesetzen nach § 274 Absatz 1 Satz 5 Nummer 2 für das Geschäftsjahr ergibt, sowie eine Erläuterung etwaiger Auswirkungen der Anwendung des Mindeststeuergesetzes und ausländischer Mindeststeuergesetze nach § 274 Absatz 1 Satz 5 Nummer 2 auf die Kapitalgesellschaft“.

Von der in § 285 Nr. 30a HGB-E vorgesehenen Berichtspflicht sollen kleine Kapitalgesellschaften ausgenommen werden. Dies soll durch eine Änderung in § 288 Absatz 1 Nr. 1 HGB erreicht werden, indem die dort geregelte Erleichterung für kleine Kapitalgesellschaften um die neue Nr. 30a ergänzt werden soll.

In § 306 Satz 5 HGB soll die Angabe „§ 274 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden“ durch die Wörter „§ 274 Absatz 1 Satz 5 und Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden“ ersetzt werden. Demnach sind die handelsrechtlichen Neuerungen im handelsrechtlichen Jahresabschluss auch vollständig im handelsrechtlichen Konzernabschluss zu beachten.

Analog zum Jahresabschluss soll auch die Berichterstattung im Konzernanhang erweitert werden. Nach § 314 Absatz 1 Nr. 22 HGB soll hierzu folgende Nr. 22a eingefügt werden:

„22a. der tatsächliche Steueraufwand oder Steuerertrag, der sich nach dem Mindeststeuergesetz und ausländischen Mindeststeuergesetzen nach § 274 Absatz 1 Satz 5 Nummer 2 für das Geschäftsjahr ergibt, sowie eine Erläuterung etwaiger Auswirkungen der Anwendung des Mindeststeuergesetzes und ausländischer Mindeststeuergesetze nach § 274 Absatz 1 Satz 5 Nummer 2 auf den Konzern“.

Würdigung der geplanten handelsrechtlichen Neuerungen

Die Änderung zu den latenten Steuern im HGB sieht eine verpflichtende Ausnahme von der Bilanzierung latenter Steuern vor, die sich aus der Anwendung des Mindeststeuergesetzes oder entsprechender ausländischer Mindeststeuergesetze ergeben. Diese Regelung ist der entsprechenden Ausnahme in den internationalen Rechnungslegungsstandards (IAS 12.4A) nachgebildet. Im Ergebnis haben die steuerlichen Konsequenzen aus den Bestrebungen hin zu einer globalen Mindestbesteuerung somit keine Auswirkungen auf die Bildung latenter Steuern.

Die Ausnahme zu den latenten Steuern soll die Komplexität der Umsetzung des Mindeststeuergesetzes reduzieren und etwaigen Benachteiligungen für HGB-Bilanzierer entgegenwirken. Die handelsbilanzrechtliche Ausnahme wird nach Ansicht des Gesetzgebers zu überprüfen sein, wenn und sobald das International Accounting Standards Board die aus seiner Sicht nur vorübergehende Ausnahme in den internationalen Rechnungslegungsstandards überprüft hat.

Es soll – in Anlehnung an IAS 12.88B bis D – auch für HGB-Bilanzierer eine neue, erweiterte Angabepflicht im Anhang geschaffen werden, die im Lichte der verpflichtenden Ausnahme von der Bilanzierung latenter Steuern (§ 274 Absatz 1 Satz 5 HGB-E) ein Mindestmaß an Transparenz und Information der Abschlussadressaten sicherstellen soll. Anzugeben ist, welcher tatsächliche Steueraufwand oder Steuerertrag sich nach dem Mindeststeuergesetz und ausländischen Mindeststeuergesetzen für das Geschäftsjahr ergibt. Darüber hinaus sind die Auswirkungen auf die Kapitalgesellschaft – bzw. auf die haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaft nach § 264a Absatz 1 HGB – näher zu erläutern. Es sind mindestens qualitative Angaben dazu zu machen, inwieweit die Gesellschaft von den Mindeststeuerregelungen betroffen ist. Sofern möglich und vertretbar, ist die Erläuterung durch quantitative Angaben zu ergänzen.

Über die Ergänzung in § 288 HGB, bei der die neue Nr. 30a den geregelten Erleichterungen hinzugefügt wird, werden kleine Kapitalgesellschaften (und kleine haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften im Sinne des § 264a HGB) von den Berichtspflichten ausgenommen.

Über die geplante Ergänzung des § 306 HGB-E wird mit entsprechender Begründung die Regelung auch auf den Konzernabschluss übertragen. Gleiches gilt für die vorgesehene Erweiterung der Berichterstattungspflichten im Konzernanhang gemäß § 314 HGB, die parallel zu § 285 Nummer 30a
HGB-E erweitert werden soll.

Erstanwendung und Inkrafttreten

In Artikel 8 des Gesetzentwurfs ist die Erstanwendung der handelsrechtlichen Regelungen geregelt. Hierzu soll im EGHGB ein neuer Abschnitt ergänzt werden. Die Vorschrift enthält eine Übergangsregelung. Die neuen Anhangangabepflichten sollen – im Einklang mit den Übergangsvorschriften in den internationalen Rechnungslegungsstandards (IAS 12.98M) – für nach dem 30.12.2023 endende Geschäftsjahre gelten. Für die Ausnahme von der Bilanzierung latenter Steuern in § 274 Absatz 1 Satz 5 HGB-E, auch in Verbindung mit § 306 Satz 5 HGB-E, ist keine Übergangsvorschrift vorgesehen, das heißt die Regelung wird mit Inkrafttreten wirksam.

Artikel 9 des vorliegenden Gesetzentwurfs sieht das Inkrafttreten des Gesetzes am Tag der Verkündung vor.

Schlussbemerkung

Es ist zu begrüßen, dass der Gesetzgeber mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben zu einer globalen Mindestbesteuerung nicht auf den Anwendungsbereich der latenten Steuern ausdehnt. Hier folgt der Gesetzgeber der Sichtweise des IASB, das eine entsprechende Ausnahme von der Steuerabgrenzung in IAS 12 aufgenommen hat. Auch wenn Ansatz und Bewertung der latenten Steuern im Jahres- und Konzernabschluss durch die Neuregelungen zur Mindestbesteuerung nicht tangiert werden, nehmen die Berichtspflichten im

Anhang und Konzernanhang deutlich zu. Die neuen Angabepflichten in Anhang und Konzernanhang sollen bereits erstmals für das kalenderjahrgleiche Geschäftsjahr 2023 zu beachten sein.

Daher müssen sich Unternehmen, die unter den Anwendungsbereich der Regelungen zur Mindestbesteuerung fallen, zeitnah mit den entsprechenden Auswirkungen auseinandersetzen. Auch wenn nachvollziehbar die wesentlichen Auswirkungen aus Artikel 1 des Gesetzentwurfes und damit aus dem angedachten Gesetz zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für Unternehmensgruppen (Mindeststeuergesetz – MinStG) resultieren werden, dürfen die ausgeweiteten Berichtspflichten für Zwecke der Anhangberichterstattung im Jahres- und Konzernabschluss und die zu deren Erfüllung notwendigen Informationsbedarfe nicht unterschätzt werden.

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