Das Jahr 2022 und bisher auch das Jahr 2023 waren aus geldpolitischer Sicht geprägt von Leitzinserhöhungen. Die Notenbanken haben insbesondere seit dem zweiten Halbjahr 2022 die Leitzinsen vor dem Hintergrund der anhaltend hohen Inflation kontinuierlich mehrfach erhöht. Am 26.10.2023 hat die EZB nun verkündet, dass sie erstmals nach zehn Erhöhungen in Folge den Leitzins unverändert lässt und somit eine Zinspause einlegt. Der Leitzins der EZB beträgt somit weiterhin 4,5 %.
Die Auswirkungen der wirtschaftlichen und geopolitischen Ereignisse, insbesondere der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, welche das Jahr 2022 geprägt haben, sind auch im Jahr 2023 spürbar. In den letzten Monaten ist jedoch eine Abschwächung der Folgen zu beobachten. So lag die Inflationsrate im September 2023 bei 4,5 % in Deutschland, nachdem sie im Juli und August 2023 noch bei über 6,00 % gelegen hatte. In den USA verharrt die Inflationsrate derzeit bei knapp unter 4,00 %.
Als Folge des Inflationsrückgangs hat die EZB nun erstmals nach zehn Zinserhöhungen in Folge den Leitzins nicht erhöht und somit eine Zinspause eingelegt. Der Leitzins der EZB beträgt somit weiterhin 4,5 %.
Die bisherigen Leitzinserhöhungen hatten unter anderem deutliche Auswirkungen auf die Fremdfinanzierungskosten für Unternehmen und private Haushalte, welche seit Beginn der Leitzinserhöhungen vor etwas mehr als einem Jahr deutlich angestiegen sind. Private Haushalte bemerken den Anstieg der Fremdfinanzierungskosten, insbesondere bei der Vergabe von Krediten für die Immobilienfinanzierung. Unternehmen mit einer hohen Fremdkapitalquote, die Investitionen jahrelang günstig refinanzieren konnten, müssen sich bei bevorstehender Umschuldung künftig zu ungünstigeren Konditionen finanzieren.
Auch im Zusammenhang mit bewertungsrelevanten Fragestellungen machen sich die Auswirkungen der bisher vorgenommen Leitzinserhöhungen bemerkbar. Noch im Januar 2022 lag der bewertungsrelevante Basiszins nach IDW S 1 bei 0,10 %. Zum 01.10.2023 ist der bewertungsrelevante risikolose Basiszinssatz nach IDW S 1 auf 2,50 % angestiegen und liegt aktuell Ende Oktober bereits bei 2,75 %.
Mit der nun eingelegten Zinspause reagiert die EZB auf den derzeitigen Rückgang der Inflation sowie auf die trüben Konjunkturaussichten im Euroraum. So wird das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland im Jahr 2023 voraussichtlich sogar schrumpfen. Trotz allem bleibt offen, wie sich der EZB-Leitzins in Zukunft entwickeln wird. Bisher gab es dazu von der EZB keine weiteren Hinweise.
Im Ergebnis können die weiteren (Zins-) Entwicklungen für das Jahr 2023 noch nicht abgeschätzt werden. Es ist aber für den Fall von weiteren Leitzinserhöhungen anzunehmen, dass diese zu einem weiteren Anstieg des Zinsniveaus führen werden. In der Folge könnten auch die für Unternehmensbewertungen relevanten Fremdkapital- und Eigenkapitalkosten im Jahr 2023, wie bereits im Jahr 2022, noch weiter steigen. In der Praxis sind gerade vor dem Hintergrund des unabhängig von weiteren Zinserhöhungen bereits hohem bestehenden Zinsniveaus im Jahr 2023 die Auswirkungen auf Bilanzierungs- und Bewertungsfragen sowie auf die angemessene Verzinsung bei zinsrelevanten Sachverhalten im Blick zu behalten. Insbesondere sind bestehende Verzinsungsregelungen auf ihre Angemessenheit zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.