Im Jahr 2023 hat das IASB eine temporäre Ausnahmeregelung in IAS 12 hinsichtlich der Bilanzierung latenter Steuern geschaffen, sofern diese im Zusammenhang mit den Säule-2-Regeln (Pillar Two Model Rules) der OECD stehen. Die Umsetzung der Regelungen zur Mindestbesteuerung in den betroffenen Ländern hat Unsicherheiten und Anwendungsfragen insbesondere zu latenten Steuern zur Folge, die das IASB zu der Änderung veranlasst haben. Die vom IASB im Mai 2023 veröffentlichten Ausnahmeregelungen wurden im November von der EU übernommen.
Im Mai 2023 hat das IASB ein Amendment zu IAS 12 „International Tax Reform – Pillar Two Model Rules“ veröffentlicht. Dieses enthält verpflichtend anzuwendende Erleichterungen bei der Bilanzierung latenter Steuern, sofern diese aus Regelungen im Zusammenhang mit der globalen Mindestbesteuerung stehen.
Bereits im Dezember 2021 hat die OECD Regeln zur Reformierung des internationalen Steuersystems veröffentlicht, die sicherstellen sollen, dass multinationale Unternehmen ab 2023 einem Mindestertragsteuersatz von 15 % unterliegen. In Deutschland wird die entsprechende Umsetzung für 2024 erwartet.
Die von der OECD veröffentlichten Mustervorschriften stellen die zweite Säule eines Projekts zur Bewältigung der steuerlichen Herausforderungen der Digitalisierung der Wirtschaft dar und beinhalten eine detaillierte Vorlage für die Umsetzung des Zwei-Säulen-Modells, an der sich die Regierungen der betroffenen Länder im Rahmen ihrer Rechtsordnungen orientieren können. Neben dem Anwendungsbereich der Regelungen wurde der Mechanismus für die sogenannten Global Anti-Base Erosion (GloBE)-Regeln festgelegt, mit auch einen globalen Mindeststeuersatz von 15 % bei den ertragsbasierten Unternehmenssteuern vorsehen. Die Zielgruppe der Regelungen, die sogenannten Multinationalen Unternehmen, sind Unternehmen, deren Umsatz 750 Mio. EUR im Jahr übersteigt.
Mit den OECD-Säule-2-Regelungen hat sich das IASB bereits im November 2022 befasst und die potenziellen Auswirkungen der Regeln auf die Bilanzierung von Ertragsteuern nach IAS 12 erörtert. Seitens der Stakeholder waren Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen der OECD-Regelungen insbesondere hinsichtlich latenter Steuern an das IASB herangetragen worden, aufgrund derer eine Anpassung von IAS 12 diskutiert und geprüft wurde. Das IASB hielt keine kurzfristige abschließende Lösung für zielführend bzw. möglich. Stattdessen wurde eine temporäre Ausnahmeregelung geschaffen, die ausreichend Zeit überbrücken soll, bis sich die entsprechenden Steuersysteme zur Umsetzung der Mindestbesteuerung etabliert haben und auch das IASB in der Lage ist, die Gesamtsituation umfassen zu bewerten und tragfähige Lösungen für den Umgang bzw. die Weiterentwicklung der betroffenen Standards zu entwickeln.
Das verabschiedete Amendment zu IAS 12 beinhaltet daher eine (zumindest zunächst nur) vorübergehende, aber verpflichtend anzuwendende Ausnahme von der Bilanzierung latenter Steuern, die sich aus der Einführung der globalen Mindestbesteuerung ergeben. Zudem werden die vorzunehmenden Anhangangaben für die betroffenen Unternehmen erweitert, so dass ersichtlich wird, welche Auswirkungen die Regelungen zur Mindestbesteuerung voraussichtlich für das Unternehmen haben werden. Die Ausnahmeregelung hinsichtlich der Bilanzierung latenter Steuern ist unmittelbar nach Veröffentlichung des Amendments bzw. seinem Endorsement anzuwenden. Die Anhangberichtspflichten sind für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 01.01.2023 beginnen, verpflichtend. Das Amendment zu IAS 12 wurde im November 2023 endorsed. Die Europäische Union hat im Amtsblatt vom 09.09.2023 die entsprechende Verordnung veröffentlicht, so dass die Regelung für alle Unternehmen, die gemäß den EU-Regelungen die IFRS anwenden, nun verpflichtend ist.