Aufgrund der massiv gestiegenen Inflationsraten im Post-Corona-Zeitraum hat die FED zwischen März 2022 und Juli 2023 mehrmals eine Anhebung der Leitzinsen vorgenommen. Angesichts der rückläufigen Inflation im Jahr 2024 senkt die FED nun im September 2024 erstmals seit dem Jahr 2020 ihren Leitzins in einem überraschend großen Zinsschritt von 0,50 Prozentpunkten. Die Bandbreite beträgt nun 4,75 % bis 5,00 % (vorher 5,25 % bis 5,50 %). Eine Woche zuvor senkte bereits die EZB ihren Leitzins deutlich um 0,60 Prozentpunkte auf 3,65 %.
Die wirtschaftlichen und geopolitischen Ereignisse, insbesondere der russische Angriffskrieg in der Ukraine, prägten im Jahr 2022 auch in den USA das makroökonomische Umfeld. Die Inflationsrate erreichte dabei Spitzenwerte von ca. 9,10 %. In der Folge reagierte die US-amerikanische Zentralbank FED in den Jahren 2022 und 2023 mit deutlichen Zinserhöhungen auf ein Niveau von 5,25 % bis 5,50 %. Seitdem konnte ein deutlicher Rückgang des Inflationsgeschehens auf 2,50 % im August 2024 beobachtet werden. Zeitgleich nahmen die Arbeitslosenzahlen in den USA zu. Auf beide Entwicklungen reagierte die FED im September 2024 mit einer unerwartet großen Zinssenkung von 0,50 Prozentpunkte auf eine Spanne zwischen 4,75 bis 5,00 %. Üblicherweise erfolgen Zinsschritte in Höhe von 0,25 Prozentpunkten. Eine Woche zuvor hatte bereits die EZB angekündigt, die Leitzinsen um 0,60 Prozentpunkte auf 3,65 % zu senken.
Ziel der Zinsanpassung durch die FED ist die Stärkung der US-amerikanischen Wirtschaft, welche jüngst Schwächetendenzen zeigte. Durch niedrigere Zinsen können Privatpersonen leichter Kredite aufnehmen, um beispielsweise Immobilien oder Konsumgüter zu erwerben. Zudem erleichtern günstigere Kredite Unternehmen die Umsetzung geplanter Investitionen und Expansionen, wodurch höhere Gewinne und Aktienkurse erreicht werden können. Insgesamt sollen Zinssenkungen die gesamtwirtschaftliche Nachfrage stimulieren und das Wirtschaftswachstum antreiben.
Durch niedrige Zinsen nimmt jedoch das Inflationsrisiko zu. Die FED muss ihre Zinsschritte daher sorgfältig abwägen, um die schwächelnde Wirtschaft einerseits zu unterstützen und andererseits ein Wiederaufflammen der Inflation zu vermeiden.
Für das restliche Jahr 2024 und das kommende Jahr 2025 rechnen Analysten mit weiter sinkenden US-amerikanischen Leitzinsen. Jedoch sind Ausmaß und Tempo der erwarteten Zinsschritte bisher noch unklar. Stand Mitte September 2024 hat der für Unternehmensbewertungen relevante Basiszinssatz nach IDW S 1 noch nicht auf das weltweit sinkende Zinsniveau reagiert. Dieser beträgt gerundet zunächst weiterhin 2,50 %. Der Basiszinssatz wird kapitalmarktorientiert abgeleitet, daher werden die aktuellen und künftigen Zinssatzanpassungen der führenden Notenbanken wie FED und EZB mittelbar auch Auswirkungen auf den Basiszinssatz haben.
Im Unterschied zu den Leitzinsen dient der Basiszinssatz als Grundlage für die Diskontierung zukünftiger Cashflows im Rahmen von Unternehmensbewertungen. Eine Änderung des Basiszinssatzes nach IDW S 1 hat relevante Auswirkungen auf Unternehmenswerte. Sinkt das allgemeine Zinsniveau, dürfte dies auch einen sinkenden Basiszinssatz und damit tendenziell bei ansonsten unveränderten Bedingungen wieder steigende Unternehmenswerte zur Folge haben.
Im Ergebnis ist die weitere Zinsentwicklung für das Jahr 2024 noch nicht abschätzbar. Wenn das allgemeine Zinsniveau weiter sinkt, dürfte dies die Kapitalkosten der Unternehmen in der Weise beeinflussen, dass auch diese sinken werden. In der Folge steigen bei ansonsten unveränderten Bewertungsparametern die Unternehmenswerte und etwaige Wertminderungsrisiken nehmen ab.