Das FG Düsseldorf urteilte am 16.08.2023 (2 K 2449/18 E) in einem Streitfall über die Kaufpreisaufteilung in Boden- und Gebäudewert für ein vermietetes Mehrfamilienhaus. Hierbei stellte das Finanzgericht unter anderem fest, dass die Aufteilung des Kaufpreises unter Anwendung des Sachwertverfahrens zu erfolgen hat.
Im vorliegenden Streitfall ging es um die Aufteilung des Kaufpreises für ein vermietetes Mehrfamilienhaus für Zwecke der Bemessung der Abschreibung, die Ermittlung der sog. 15%-Grenze für anschaffungsnahe Herstellungskosten sowie um die Abgrenzung von sofort abzugsfähigem Erhaltungsaufwand.
Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit notariellem Kaufvertrag vom Juni 2012 erwarben sie ein zu fremden Wohnzwecken genutztes Mehrfamilienhaus. Nutzen und Lasten an dem Objekt gingen im Juli 2012 auf die Kläger über. In den Steuererklärungen ab dem Veranlagungszeitraum 2012 erklärten sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Bei der Ermittlung des Gebäudewerts für die Bemessung der AfA setzten die Kläger den Bodenrichtwert ins Verhältnis zum gezahlten Kaufpreis und berechneten die Abschreibung für das Jahr 2012 zeitanteilig ausgehend von einem linearen AfA-Satz von 2 % p.a.
In den Steuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 2012 bis 2014 erklärten die Eheleute – neben weiteren, nicht streitgegenständlichen Werbungskosten – sofort abzugsfähige Erhaltungsaufwendungen. Im Jahr 2012 waren hierin u. a. Aufwendungen für die Erneuerung der Elektroinstallation, die Erneuerung einer Zähleranlage, die Beseitigung von Rohrbrüchen an den Wasser- und Abwasserleitungen, die Erneuerung der Bäder und Heizkörper, Arbeiten an Türen, Fliesen und Laminat sowie Malerarbeiten enthalten. In den Jahren 2013 und 2014 umfassten die geltend gemachten Erhaltungsaufwendungen beispielsweise Aufwendungen für die Beseitigung eines Lecks am Öltank. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 erging zunächst erklärungsgemäß nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Im Jahr 2016 erließ das Finanzamt die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2013 bis 2014 sowie einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012, in denen es die Erhaltungsaufwendungen nicht mehr als Werbungskosten berücksichtigte und stattdessen die AfA-Bemessungsgrundlage erhöhte. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass es sich bei den geltend gemachten Erhaltungsaufwendungen für die Streitjahre 2012 bis 2014 um anschaffungsnahe Herstellungskosten i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG handele, welche den Herstellungskosten des Gebäudes zuzurechnen seien. Die Bescheide für die Jahre 2013 und 2014 ergingen ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, der Vorbehalt der Nachprüfung für das Jahr 2012 blieb bestehen. Darüber hinaus erfolgten die Festsetzungen hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vorläufig, weil die Aufteilung der Anschaffungskosten noch nicht abschließend geprüft werden könne.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren legten die Eheleute Klage ein. Das FG Düsseldorf hat hierzu in seinem Urteil vom 16.08.2023 wie folgt entschieden:
- Für die stichtagsbezogene Verkehrswertermittlung zum Zwecke der Kaufpreisaufteilung bei vermieteten Mehrfamilienhäusern ist vorrangig das Sachwertverfahren anzuwenden.
- Die Aufwendungen für die Beseitigung von nach dem Erwerb eines Gebäudes auftretenden verdeckten Mängeln sind unabhängig davon, ob sie im Zeitpunkt der Anschaffung bereits vorhanden oder angelegt waren, in die Betragsgrenze der anschaffungsnahen Herstellungskosten i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG einzubeziehen (Anschluss an BFH-Urteil vom 09.05.2017 IX R 6/16).
- An die Regelung des BMF-Schreibens v. 20.10.2017, nach dem die bisherige (vor dem 14. Juni 2016 ergangene) BFH-Rechtsprechung zur Behandlung der Schönheitsreparaturen im Zusammenhang mit anschaffungsnahen Herstellungskosten für Anschaffungen vor dem 01.01.2017 auf Antrag des Steuerpflichtigen weiterhin Anwendung findet, sind die Finanzgerichte nicht gebunden.
- Der Vereinfachungszweck des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG gebietet, die tatsächlich gezahlten Rechnungsbeträge für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen ohne Prüfung der zivilrechtlichen Richtigkeit der Höhe einzelner Rechnungspositionen in die Berechnung der Betragsgrenze der anschaffungsnahen Herstellungskosten einzubeziehen.
- Üblicherweise jährlich anfallende Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG können nicht pauschal mit einem Erfahrungswert angesetzt werden.
Der BFH hat zwischenzeitlich mit Beschluss vom 18.01.2024 (IX B 64/23) die gegen das Urteil eingereichte Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen.