Der BFH hat mit Urteil vom 10.07.2024 (II R 31/21) entschieden, dass Leistungen aus einer Sterbegeldversicherung, die der Erblasser bereits zu Lebzeiten an ein Bestattungsunternehmen abgetreten hat, als Sachleistungsanspruch der Erben den Steuerwert des Nachlasses erhöhen. Im Umkehrschluss sind die Kosten der Bestattung jedoch in vollem Umfang als Nachlassverbindlichkeiten i. S. d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG steuerlich abzugsfähig.
Im vorliegenden Sachverhalt hatten der Kläger und seine Schwester das Erbe ihrer im Jahr 2019 verstorbenen Tante angetreten. Die Erblasserin hatte zu Lebzeiten eine Sterbegeldversicherung abgeschlossen und das Bezugsrecht an ein Bestattungsunternehmen abgetreten, damit die Kosten ihrer Beerdigung im Todesfall gedeckt sind. Das Bestattungsunternehmen stellte nach dem Tod der Erblasserin für die von ihm erbrachten Leistungen eine Rechnung über insgesamt EUR 11.653,96. Die Sterbegeldversicherung zahlte hiervon einen Teilbetrag von EUR 6.864,82.
Nach Einreichung der Erbschaftsteuererklärung errechnete das zuständige Finanzamt den steuerpflichtigen Erwerb und setzte gegen den Kläger Erbschaftsteuer fest. Hierbei berücksichtigte das Finanzamt einen Sachleistungsanspruch der Erben auf die Bestattungsleistungen in Höhe von EUR 6.864,82. Für die geltend gemachten Nachlassverbindlichkeiten – einschließlich der Kosten für die Bestattung – setzte es jedoch lediglich die Erbfallkostenpauschale nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG in Höhe von EUR 10.300,00 an.
Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, da er die Berücksichtigung der gesamten Bestattungskosten forderte. Das Finanzamt wies den Einspruch jedoch zurück und berücksichtigte weiterhin nur den Pauschbetrag für die Erbfallkosten. Das FG Münster wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage ebenfalls als unbegründet zurück (Urteil vom 19.08.2021, Az. 3 K 1551/20 Erb). Nach Revision des Klägers hob der BFH die Vorentscheidung jedoch auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
In ihrer Urteilsbegründung führten die Richter des BFH an, dass der von der Sterbegeldversicherung an das Bestattungsunternehmen ausbezahlte Betrag von EUR 6.864,82 zum steuerpflichtigen Erwerb nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG rechnet, weil er zu einer Bereicherung der Erben geführt hat und nicht steuerfrei ist. Das Finanzamt habe den Sachleistungsanspruch auf die Bestattungsleistungen daher richtigerweise in Höhe der Versicherungsleistung in die Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer einbezogen.
Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung und des FG Münster sind nach Meinung des BFH jedoch von dem um die Zahlung der Sterbegeldversicherung als Sachleistung erhöhten Nachlass die vollen Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG steuermindernd abzuziehen. Die Feststellungen des FG reichten nicht aus, um die Höhe der insgesamt zu berücksichtigenden Nachlassverbindlichkeiten abschließend bestimmen zu können.
Die Entscheidung des BFH ist für Erben eine wichtige Entscheidung und aufgrund der weiten Verbreitung sogenannter Sterbegeldversicherungen von besonderer praktischer Relevanz: Sofern Bestattungskosten von einer Sterbegeldversicherung teilweise oder vollständig übernommen werden, erhöht dies zwar den Wert des Nachlasses und damit die Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer – umgekehrt können jedoch die tatsächlichen Bestattungskosten in vollem Umfang als Nachlassverbindlichkeiten steuermindernd abgezogen werden.