Der FAUB reagiert mit den Überlegungen zu einer Neufassung des IDW S 1 i. d. F. 2008 auf die seit 2008 sich weiterentwickelten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und auf die damit einhergehenden Auswirkungen auf die Unternehmensbewertung. Im Fokus des neuen IDW ES 1 n. F. sollen u. a. die Plausibilitätsprüfung von Planungen (externe und interne Plausibilität) und deren „Erwartbarkeit“ stehen. In diesem Zusammenhang sollen insbesondere die Eigenverantwortlichkeit des Bewerters gestärkt werden und dem IDW Praxishinweis 2/2017 „Beurteilung einer Unternehmensplanung“ einer höheren Bedeutung zukommen.
Beim sogenannten IDW S 1 i. d. F. 2008 handelt es sich um den in der deutschen Rechtsprechung und Bewertungspraxis anerkannten Standard zur Bewertung von Unternehmen und der Erstellung von Unternehmensbewertungsgutachten. Der IDW S 1 i. d. F. 2008 wurde vom Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) erstellt.
Derzeit erfolgt durch den Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) die Ausarbeitung einer Neufassung (IDW ES 1 n. F.). Diese zukünftige Fassung des IDW S 1 wird voraussichtlich bedeutende Änderungen und Anpassungen beinhalten, welche die aktuellen Entwicklungen in der Unternehmensbewertung berücksichtigen.
Hintergrund der geplanten Neufassung des IDW S 1 i. d. F. 2008 ist, dass seit 2008 die Bewertungsanlässe in den Bereichen Schenkungs- und Erbschaftssteuer, Carve-Outs oder konzerninterne Übertragungen zugenommen haben. Zudem hat der Transaktionsmarkt einen zyklusübergreifenden Anstieg verzeichnet, was zu einer erhöhten Bedeutung von subjektiven Bewertungen und Fairness-Opinions führt. Im Ergebnis hat sich das nachgefragte Spektrum an Bewertungsanlässe deutlich ausgeweitet.
Weiter wird erwartet, dass sich die bereits erfolgte Veränderung der zu bewertenden Geschäftsmodelle durch Trends wie die Digitalisierung und der Überalterung der Gesellschaft auch in Zukunft fortsetzen wird. Gleichzeitig nimmt die Bedeutung von Start-Ups und der Einsatz von künstlicher Intelligenz laufend zu. In der Folge ist die Vergleichbarkeit von Vergangenheits- und Plandaten zunehmend eingeschränkt bzw. nicht gegeben.
Diese Entwicklungen soll im neuen IDW ES 1 n. F. berücksichtigt werden. Der neue IDW ES 1 n. F. soll nach aktuellem Bearbeitungsstand unter anderem folgende wesentliche Neuerungen beinhalten:
- Herausstellung der Eigenverantwortlichkeit des neutralen Bewerters durch deutliche Unterscheidung zwischen der vom Management erstellten Planung (Managementplanung) und der für Bewertungszwecke verwendeten Planung, einschließlich Ewige Rente (bewertungsrelevante Planung);
- Explizite und eigenverantwortliche Würdigung der ewigen Rente durch den Bewerter unter der Berücksichtigung langfristiger Erwartungen, Transformationsprozesse/Trends, der übertragbaren Ertragskraft und der Lebensdauer des Unternehmens;
- Klarstellung, dass für die Plausibilisierung von erhaltenen Planungen die Grundsätze des IDW Praxishinweises 2/2017 heranzuziehen sind;
- Einführung der Rolle des neutralen Sachverständigen zusätzlich zur Rolle des neutralen Gutachters;
- Erleichterungen zur Bewertung vor persönlichen Steuern, falls bei Bewertungsanlässen das Informationsbedürfnis von Kapitalgesellschaften im Vordergrund steht. Bisher war die Bewertung von Unternehmen in zahlreichen Fällen unter der Berücksichtigung der persönlichen Ertragsteuern der Unternehmenseigner vorzunehmen.
- Konkretisierung des Stichtagsprinzips: Zukünftig sind die Erwartungen zum Bewertungsstichtag unter Berücksichtigung der aktuellen Verhältnisse des Unternehmens und des Marktes sowie realistischer Zukunftserwartungen entscheidend. Bisher waren im IDW S 1 i. d. F. 2008 nur die zum Bewertungsstichtag bereits eingeleiteten Maßnahmen oder aus hinreichend konkretisierten Maßnahmen im Rahmen des bisherigen Unternehmenskonzepts sowie Marktgegebenheiten zu berücksichtigen.
Insgesamt wird mit der geplanten Neufassung des IDW S 1 der zunehmenden Komplexität und Spezialisierung der Unternehmensbewertung Rechnung getragen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf moderne Geschäftsmodelle und dynamische Marktanforderungen. Der genaue Wortlaut der zu erwartenden Neufassung von IDW S 1 bleibt ebenso wie der Zeitpunkt der Veröffentlichung der neuen Entwurfsfassung abzuwarten.