Die neu gefasste IDW-Stellungnahme zur Rechnungslegung (IDW RS IFA 1 n. F.) bringt Änderungen bei der Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten für Gebäude. Diese Fortentwicklung des Herstellungskostenbegriffs hat auch steuerliche Auswirkungen, insbesondere aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips (§5 Abs. 1 Satz 1 EStG), wonach die handelsrechtliche Bilanzierung grundsätzlich auch für die Steuerbilanz gilt.
In einer gemeinsamen Berichterstattung von FAB, IFA und dem StFA des IDW (veröffentlicht in IDW life 12/2024, S. 1179 f.) nimmt das IDW Stellung zu den steuerlichen Implikationen von IDW RS IFA 1 n. F. Hinsichtlich der Inhalte von IDW RS IFA 1 n. F. wird auf den entsprechenden Beitrag dazu verwiesen: FAB: Billigende Kenntnisnahme des IDW RS IFA 1 n. F.
Die wesentlichen Neuerungen von IDW RS IFA 1 n. F. betreffen die bilanzielle Behandlung von baulichen Maßnahmen wie bspw. Photovoltaik-Anlagen oder die wesentliche Verbesserung der Gebäudequalität aufgrund einer deutlichen Minderung des Energiebedarfs. Die Ausführungen von IDW RS IFA 1 n. F. stehen im Zusammenhang mit der gesetzlichen Verpflichtung in Deutschland, den Gebäudebestand bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu sanieren. In diesem Zusammenhang äußert sich IDW RS IFA 1 n. F. zur Behandlung von Herstellungskosten im Zusammenhang mit energetischen Maßnahmen an Gebäuden.
Die steuerliche Bilanzierung folgt grundsätzlich der handelsrechtlichen Bewertung nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 S. 1 EstG, soweit keine abweichenden steuerlichen Regelungen existieren. Hier entstehen jedoch wesentliche Konflikte:
1. BFH-Rechtsprechung: Der Bundesfinanzhof (BFH) legt den Begriff der Herstellungskosten restriktiv aus. Bauliche Maßnahmen gelten als Herstellungskosten nur, wenn eine Standardhebung in mindestens drei von vier Kernbereichen der Ausstattung erfolgt. Maßnahmen zur energetischen Verbesserung wurden bisher nicht eigenständig als Herstellungskosten anerkannt.
- Die neue IDW-Stellungnahme erweitert den Begriff um energetische Sanierungen, die die Gebäudequalität verbessern. Hieraus ergibt sich ein Widerspruch zur BFH-Rechtsprechung.
2. Reaktion der Finanzverwaltung: Es ist derzeit davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung an den bisherigen BFH-Kriterien festhält. Steuerpflichtige, die energetischen Sanierungen auf Grundlage der IDW-Stellungnahme als Herstellungskosten aktivieren, weichen damit von der verwaltungsseitigen Auffassung ab.
3. Pflicht zur Offenlegung: Steuerpflichtige, die die energetische Verbesserung als Herstellungskosten in der Steuerbilanz übernehmen, müssen diese abweichende Rechtsauffassung ausdrücklich in ihrer Steuererklärung offenlegen.
- Im Fall einer Nichtanerkennung drohen steuerliche Risiken, z. B. der Wegfall der sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben, wodurch die Sanierungskosten stattdessen über die (Rest-)Nutzungsdauer abgeschrieben werden müssen.
4. Folgewirkung bei Abweichungen: Falls die Aktivierung in der Steuerbilanz abweichend von der Handelsbilanz erfolgt, entstehen zusätzliche Herausforderungen:
- Unterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz sind zu dokumentieren und nach den allgemeinen Grundsätzen (§§ 252-256a HGB) zu behandeln.
- Es ergeben sich mögliche Konsequenzen für Steuerpositionen wie latente Steuern (§ 274 HGB).
Hinweis für den Abschlussprüfer:
Im Rahmen der handelsrechtlichen Prüfung muss der Abschlussprüfer prüfen, ob die Anwendung der IDW-Stellungnahme im Einzelfall gerechtfertigt ist. Abweichungen sind zu dokumentieren und zu begründen, insbesondere bei steuerlichen Konflikten.
Fazit: Die Stellungnahme IDW RS IFA 1 n. F. führt zu einer erweiterten handelsrechtlichen Auslegung des Herstellungskostenbegriffs, gerade und im Besonderen hinsichtlich der Aufwendungen und Investitionen im Zusammenhang mit energetischen Maßnahmen. Nach Ansicht des IDW können diese Maßnahmen aktivierungspflichtig sein. Steuerpflichtige sollten jedoch berücksichtigen, dass die Finanzverwaltung voraussichtlich an der bisherigen BFH-Rechtsprechung festhält. Eine sorgfältige Offenlegung und Dokumentation sind entscheidend, um steuerliche Risiken zu vermeiden. Insoweit sind von der Finanzverwaltung abweichende Bilanzierungsentscheidungen ebenso offenzulegen wie Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz zu dokumentieren.