Das FG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 17.10.2023 (6 K 6089/20) entschieden, dass unter anderem eine „geschäftliche“ Veranlassung im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG fehlt, wenn ein Unternehmen seine eigenen Arbeitnehmer bewirtet. Nur derjenige Bewirtungsaufwand, der betrieblich veranlasst ist, aber auf die eigenen Arbeitnehmer entfällt, ist deshalb nicht in seiner Abzugsfähigkeit begrenzt. Die Abzugsbeschränkung erfasst hierbei auch Veranstaltungen, bei denen neben Dritten auch eigene Arbeitnehmer teilnehmen.
Ausgangssachverhalt
Im vorliegenden Sachverhalt hatte die Klägerin, eine ins Handelsregister eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die u.a. im Bereich der Projektsteuerung von Immobilienprojekten tätig ist, geklagt, ob die Cateringkosten zweier sogenannter Kick-Off-Veranstaltungen (2013 und 2014) sowie eines Betriebsjubiläums (2015) in den Jahren 2013 bis 2015 als Bewirtungskosten im Sinne von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG einzustufen sind.
Die Veranstaltungen fanden jeweils auf einer von der Klägerin aktuell betreuten Baustelle statt. Zu Cateringzwecken wurden provisorische Tresen aufgebaut, an denen die Gäste sich Speisen und Getränke abholen konnten. Die Namen der teilnehmenden Gäste wurden nachträglich in Listen erfasst, nachdem die fehlende Aufzeichnung zuvor im Rahmen der Außenprüfung beanstandet worden war. Neben den Gästen nahmen an den Veranstaltungen nahezu alle Mitarbeiter sowie die Geschäftsführer teil. Diese waren jeweils dafür verantwortlich, sich um ihnen bekannte Gäste oder Gruppen zu kümmern.
In den Buchführungen und Jahresabschlüssen der Streitjahre wurden für andere, unstrittige Bewirtungsaufwendungen der Klägerin einzelne und getrennte Aufzeichnungen gemäß 4 Abs. 7 EStG vorgenommen. Die Klägerin zeichnete jedoch die der Höhe nach zwischen den Beteiligten unstrittigen Cateringkosten der drei streitgegenständlichen Veranstaltungen nicht einzeln und getrennt im Sinne von § 4 Abs. 7 EStG von den übrigen Betriebsausgaben auf. Die Klägerin hatte die Cateringkosten der Veranstaltungen in den Streitjahren zunächst vollständig als gewinnmindernde Betriebsausgaben erklärt.
Im Jahr 2018 führte der Beklagte eine Außenprüfung bei der Klägerin durch. Im Prüfungsbericht stellte der Prüfer fest, dass die Cateringaufwendungen der Veranstaltungen nicht als abziehbare Betriebsausgaben anzuerkennen seien. Dies wurde damit begründet, dass die Aufzeichnungspflichten gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG sowie § 4 Abs. 7 EStG nicht erfüllt worden seien. Folglich erhöhte der Prüfer den gewerblichen Gewinn der Klägerin entsprechend für die Streitjahre. Der Beklagte setzte die Feststellungen der Außenprüfung in geänderten Bescheiden um.
Mit Schreiben vom 12.06.2019 legte die Klägerin Einspruch gegen sämtliche Änderungsbescheide ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 06.05.2020 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass es sich bei den Cateringkosten der Veranstaltungen um Bewirtungskosten im Sinne von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG handelt. Die formellen Vorgaben des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in Verbindung mit § 4 Abs. 7 EStG seien nicht beachtet worden. Da eine Nachholung dieser Anforderungen nicht möglich sei, müsse der Betriebsausgabenabzug vollständig versagt werden. Hiergegen erhob die Klägerin Klage beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg. Im Verfahren nahm die Klägerin in der mündlichen Verhandlung die Klage zurück. Daraufhin trennte das FG die Klage insoweit ab und stellte das Verfahren ein.
Sichtweise des Finanzgerichts Das FG Berlin-Brandenburg stellt in seinem Urteil vom 17.10.2023 fest, dass Cateringkosten Betriebsausgaben i. S. d. § 4 Abs. 4 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG darstellen. Die Cateringkosten der Klägerin sind als betrieblich veranlasste Aufwendungen und somit als Betriebsausgaben im Sinne von § 4 Abs. 4 EStG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 KStG anzusehen. Bei Kapitalgesellschaften ist die betriebliche Veranlassung von Aufwendungen bereits deshalb zu bejahen, weil sie – im Gegensatz zu Einzelunternehmern – keine Privatsphäre besitzen. Selbst wenn die zugrunde liegenden Verträge private Belange der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft berühren, bleibt die Qualifizierung als Betriebsausgabe grundsätzlich erhalten, da die betriebliche Veranlassung formal gegeben ist. Dem FG ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden, dass bei den streitgegenständlichen Veranstaltungen die betriebliche Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis überlagert wurde.
Nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG können, nach Auffassung des FG, Bewirtungsaufwendungen aus geschäftlichem Anlass nur als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn die qualifizierten Nachweis- und Aufzeichnungspflichten erfüllt sind. In dem vorliegenden Fall wurden diese nicht erfüllt.
Die in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG vorgesehene Abzugsbeschränkung umfasst Bewirtungen von Personen „aus geschäftlichem Anlass“. Dieser Begriff ist im Gesetz nicht definiert, jedoch hat die höchstrichterliche Rechtsprechung klargestellt, dass er nicht mit der betrieblichen Veranlassung identisch ist. Der „geschäftliche Anlass“ umfasst insbesondere die Bewirtung von Personen, mit denen Geschäftsbeziehungen bestehen. Eine „geschäftliche“ Veranlassung fehlt dann, wenn ein Unternehmen seine eigenen Arbeitnehmer bewirtet. Der Bewirtungsaufwand, der ausschließlich die eigenen Arbeitnehmer betrifft, unterliegt daher nicht der Abzugsbeschränkung.
Nach Meinung des FG betrafen die Cateringkosten in erster Linie Personen, mit denen Geschäftsbeziehungen entweder bereits bestehen oder die in Zukunft angebahnt werden sollen.
Das Argument der Klägerin, dass die Darreichung von Speisen und Getränken lediglich ein nebensächlicher Teil der Veranstaltung sei, wird durch die Rechtsprechung und die Einkommensteuerrichtlinien nicht gestützt. Diese besagen zwar, dass eine „Bewirtung“ vorliegt, wenn die Darreichung von Speisen und/oder Getränken im Vordergrund steht, aber die Abzugsbeschränkung nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG kann auch dann greifen, wenn zusätzlich gesellige oder unterhaltende Leistungen erbracht werden.
Des Weiteren ist nach Auffassung des FG angesichts der Menge an alkoholischen Getränken nicht davon auszugehen, dass die Verpflegung im Hintergrund des fachlichen Austausches geblieben ist. Zu diesem Ergebnis ist das FG durch Berechnung der durchschnittlich auf die Teilnehmer entfallenden berechneten alkoholischen Getränke gelangt. In dem vorliegenden Fall erachtet das FG den Konsum von im Durchschnitt mindestens 0,7 Liter Bier und zusätzlich 0,5 Flaschen Wein oder Prosecco je Teilnehmer als Indiz dafür, dass die Teilnehmer der Veranstaltung nicht mehr in einem Zustand gewesen sein dürften, in dem das Führen fachlicher Gespräche realistisch erscheint; und falls doch dürften nach Ansicht des FG diese Gespräche nicht den für Repräsentations- und Werbezwecken qualitativ hochwertigen Charakter erreicht haben.
Das FG kommt auch zu der Ansicht, dass die in der Praxis eng auszulegende Rückausnahme nach § 4 Abs. 5 S. 2 EStG für die hier in Rede stehenden Cateringkosten nicht greift.
Für die Zulassung der Revision waren aus Sicht des FG keine Gründe ersichtlich. Das Urteil ist rechtskräftig.
Schlussfolgerungen für die Praxis
Für die Praxis bedeutet das Urteil, dass der zutreffenden und genauen Aufzeichnung der „geschäftlichen“ Bewirtungskosten unverändert eine große Bedeutung zuzumessen ist. Die Abzugsbeschränkung nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG greift auch dann, wenn neben Dritten (Geschäftspartner, Kunden etc.) auch eigene Arbeitnehmer des Unternehmens an der Veranstaltung teilnehmen. Zudem ist § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG auch dann anzuwenden, wenn die Verpflegung in einen anderen betrieblichen Vorgang eingebunden ist und auch nur untergeordnet ist.
Zudem sollten Art und Anlass der Veranstaltung und der jeweilige geschäftliche Bezug stets dokumentiert werden. Das FG gibt auch zu erkennen, dass bei geschäftlichen Bewirtungen ein bestimmtes Maß an alkoholischen Getränken nicht überschritten werden sollte, um den geschäftlichen Anlass nicht zu gefährden.
Die Rückausnahme nach § 4 Abs. 5 S. 2 EStG, wonach bestimmte Betriebsausgaben keinem Abzugsverbot unterliegen, wenn die Ausgaben Zwecken dienen, die Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind, ist in der Praxis auf einen engen Ausnahmebereich beschränkt.