Durch das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) wurde bei ertragsteuerlichen Organschaften ein Wechsel bei der bisherigen Behandlung von Minder- und Mehrabführungen vollzogen. Die Bildung steuerlicher Ausgleichsposten wird durch die Einlagelösung ersetzt. Damit einhergehende Fragen werden im aktuellen BMF-Schreiben vom 29.09.2022 geregelt.
Zeitliche Anwendung
Das KStG in der Fassung des KöMoG ist erstmals auf Minder- und Mehrabführungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2021 erfolgen. Hinsichtlich des Zeitpunkts der Minder- und Mehrabführungen ist dabei auf das Ende des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft abzustellen. Noch bestehende Ausgleichsposten für organschaftliche Minder- und Mehrabführungen, die nach Maßgabe des § 14 Absatz 4 KStG in der am 31.12.2021 geltenden Fassung in der Steuerbilanz gebildet wurden, sind in dem Wirtschaftsjahr aufzulösen, das nach dem 31.12.2021 endet.
Behandlung von Minder- und Mehrabführungen
In organschaftlicher Zeit verursachte Minderabführungen der Organgesellschaft sind wie eine Einlage durch den Organträger in die Organgesellschaft zu behandeln. Der Beteiligungsbuchwert der Organgesellschaft beim Organträger ist daher entsprechend zu erhöhen. In organschaftlicher Zeit verursachte Mehrabführungen der Organgesellschaft sind wie eine Einlagenrückgewähr der Organgesellschaft an den Organträger zu behandeln. Der Beteiligungsbuchwert der Organgesellschaft beim Organträger ist daher entsprechend zu verringern.
Eine Minderabführung der Organgesellschaft an den Organträger führt zur buchtechnischen Erhöhung des Beteiligungsbuchwerts in der Steuerbilanz des Organträgers. Diese Erhöhung stellt für den Organträger einen einkommensneutralen Vorgang dar. Der Ertrag, der sich aus der buchtechnischen Erhöhung des Beteiligungsbuchwerts ergibt, ist außerbilanziell zu korrigieren. Eine Mehrabführung der Organgesellschaft an den Organträger führt zur buchtechnischen Minderung des Beteiligungsbuchwerts in der Steuerbilanz des Organträgers. Diese Minderung stellt für den Organträger bis zu einem Beteiligungsbuchwert von Null einen einkommensneutralen Vorgang dar. Der Aufwand, der durch die buchtechnische Minderung des Beteiligungsbuchwerts entsteht ist, ist außerbilanziell zu korrigieren.
Rücklagenbildung und -auflösung
Mit dem Wechsel von der Ausgleichspostenmethode zur Einlagelösung liegt nach der Übergangsregelung ein veräußerungsähnlicher Ertrag insoweit vor, als die passiven Ausgleichsposten die Summe aus dem Beteiligungsbuchwert und den aktiven Ausgleichsposten übersteigen. Einlagen, die im Laufe des Wirtschaftsjahres getätigt werden, erhöhen den Beteiligungsbuchwert in der Steuerbilanz des Organträgers vor der Verrechnung mit den Ausgleichsposten.
Dieser veräußerungsähnliche Ertrag kann in der Steuerbilanz des Organträgers in eine den Gewinn mindernde Rücklage nach § 34 Absatz 6e Satz 11 ff. KStG eingestellt werden. Nimmt der Organträger das Wahlrecht zur Bildung einer Rücklage in Anspruch, so ist diese Rücklage in der ersten Steuerbilanz desjenigen Wirtschaftsjahres zu bilden, das nach dem 31.12.2021 endet.
Die Rücklage ist im Wirtschaftsjahr ihrer Bildung sowie in den folgenden neuen Wirtschaftsjahren zu jeweils einem Zehntel gewinnerhöhend aufzulösen. Ein Wahlrecht in Bezug auf den Zeitraum der Auflösung besteht nicht. Die jährlichen Auflösungsbeträge der Rücklage unterliegen als veräußerungsähnliche Erträge jeweils der Besteuerung.
Steuerliches Einlagekonto
Minderabführungen erhöhen und Mehrabführungen mindern das steuerliche Einlagekonto einer Organgesellschaft, wenn sie ihre Ursache in organschaftlicher Zeit haben. Mehrabführungen mindern dabei das steuerliche Einlagekonto vorrangig vor anderen Leistungen und führen zu einem Direktzugriff auf dessen Bestand. Mehrabführungen können zum Entstehen oder zu einer Erhöhung eines negativen Bestands des steuerlichen Einlagekontos führen.
Das BMF-Schreiben vom 29.09.2022 enthält zahlreiche Praxisbeispiele und geht darüber hinaus auch auf Fragen zur mittelbaren Organschaft und Kettenorganschaft ein.