Die CSRD verpflichtet Mutterunternehmen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für die gesamte Gruppe, inklusive aller Tochterunternehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Tochterunternehmen aus finanzieller Perspektive von untergeordneter Bedeutung ist. Die Wesentlichkeitsbeurteilung nach den ESRS hat somit losgelöst von der finanziellen Wesentlichkeit zu erfolgen. Die grundsätzliche Integration aller Tochterunternehmen unterstreicht die Bedeutung einer vollständigen und unvoreingenommenen Darstellung der nachhaltigkeitsbezogenen Informationen auf Gruppenebene.
Angesichts der Einführung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die Unternehmen nach bestimmten Größenkriterien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) verpflichtet, entstehen nicht zuletzt aufgrund der Komplexität der Berichtsstandards viele praktische Fragen. Das IDW adressiert und beantwortet ausgewählte und besonders relevante Fragen in einer sog. Modulverlautbarung zu den ESRS: IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: ESRS-Modulverlautbarung (IDW RS FAB 100). Jedes einzelne Modul stellt dabei eine eigenständige Aussage dar, die übergreifend in der Modulverlautbarung zusammengefasst werden. Die Module dienen dazu, Unternehmen und Abschlussprüfer bei der einheitlichen Interpretation und Anwendung der ESRS zu unterstützen.
Mit Datum vom 20.02.2024 wurden am 06.03.2024 fünf erste Modulentwürfe veröffentlicht, von denen sich vier auf die Wesentlichkeitsanalyse beziehen. Der fünfte Entwurf behandelt Fragen der Einbeziehung unwesentlicher Tochterunternehmen in der konsolidierten Nachhaltigkeitsberichterstattung.
Nachfolgend wird der fünfte Modulentwurf vorgestellt.
Modul M2.1 – Einbeziehung von für den Konzernabschluss unwesentlichen Tochterunternehmen in die konsolidierte Nachhaltigkeitsberichterstattung
Nach Artikel 29a der Bilanzrichtlinie (2013/34/EU) in der Fassung der CSRD sind Mutterunternehmen verpflichtet, im konsolidierten Lagebericht relevante Informationen zu Nachhaltigkeitsaspekten aufzunehmen, die für das Verständnis der wechselseitigen Auswirkungen zwischen der Gruppe und ihren Nachhaltigkeitsbelangen essenziell sind. Gemäß Artikel 21 der o. g. Bilanzrichtlinie umfasst der Konsolidierungskreis das Mutterunternehmen und sämtliche Tochterunternehmen. Dennoch ermöglicht § 296 Abs. 2 HGB (sowie IFRS 10) eine Ausnahme von der Konsolidierungspflicht für Tochterunternehmen, die von untergeordneter Bedeutung sind.
Mit diesem Modulentwurf ESRS 1-M.2.1 will das IDW den berichtspflichtigen Unternehmen eine Hilfestellung zu der Frage geben, ob in finanzieller Hinsicht unwesentliche Tochterunternehmen auch für Zwecke der Nachhaltigkeitsberichterstattung aus dem Konsolidierungskreis herausfallen. Die Frist zur Stellungnahme zu diesem Modulentwurf läuft noch bis zum 30.06.2024.
Frage: Sind Tochterunternehmen, die für Zwecke der Finanzberichterstattung aufgrund von deren Unwesentlichkeit nicht in den Konsolidierungskreis einbezogenen wurden, in den Konsolidierungskreis für die Nachhaltigkeitsberichterstattung einzubeziehen?
Gemäß ESRS 1.62 erfordert die Nachhaltigkeitsberichterstattung auf Konzernebene eine konsolidierte Darstellung für die gesamte Unternehmensgruppe – definiert als Mutterunternehmen mit allen Tochterunternehmen. Die finanzielle Unwesentlichkeit eines Tochterunternehmens rechtfertigt dessen Ausschluss aus der Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht. Dies wird unter anderem damit begründet, dass der Finanzberichterstattung das Konzept der „Impact Materiality“ völlig fremd ist und dass auch das Konzept der „Financial Materiality“ nicht deckungsgleich ist.
Das Mutterunternehmen muss die wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen der Gruppe evaluieren, sodass wesentliche Nachhaltigkeitsaspekte unvoreingenommen identifiziert werden können (ESRS 1.102). Folglich müssen grundsätzlich alle Tochterunternehmen integriert werden. Aus der finanziellen Unwesentlichkeit von Tochterunternehmen für Zwecke der konsolidierten Finanzberichterstattung kann somit nicht automatisch abgeleitet werden, dass dieses Tochterunternehmen mit seiner Geschäftstätigkeit gleichermaßen unwesentlich ist aus der Perspektive der Nachhaltigkeitsberichterstattung.