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Corona-Krise: Implikationen für Impairment Tests nach IFRS

Seit Ausbruch der Corona-Pandemie spitzt sich zunehmend auch die Lage für Unternehmen in wirtschaftlicher Hinsicht dramatisch zu. Für bilanzierende Unternehmen, unabhängig davon, ob die Rechnungslegung nach IFRS oder HGB erfolgt, tangiert die Corona-Krise eine Vielzahl von Bilanzierungssachverhalten, die eine zeitnahe Auseinandersetzung damit erfordern. Insbesondere für die am Kapitalmarkt nach IFRS bilanzierenden Unternehmen stellt sich in diesem Zusammenhang u.a. die Frage nach dem Erfordernis einer zeitnahen Durchführung eines Impairment Tests nach IAS 36.

Nach IAS 36.9 hat ein Unternehmen an jedem Abschlussstichtag einzuschätzen, ob irgendein Anhaltspunkt (sogenanntes „triggering event“) dafür vorliegt, dass ein Vermögenswert wertgemindert sein könnte. Nach IAS 34.28 gilt das nicht nur für Jahres- und Konzernjahresabschlüsse, sondern auch für Zwischenabschlüsse, d.h. Quartals- und Halbjahresabschlüsse. Handlungsbedarf besteht daher für zahlreiche Unternehmen bereits jetzt und nicht erst mit Ablauf des Geschäftsjahres. Es ist in diesem Zusammenhang regelmäßig nicht ausreichend, die Auswirkungen der Corona-Krise zu beobachten bzw. abzuwarten, wie sich die Situation zum Geschäftsjahresende darstellen wird.

Für zahlreiche Unternehmen dürften die aktuellen Entwicklungen der Corona-Krise dazu führen, dass bisherige Einschätzungen im Zusammenhang mit der Zukunftsprognose revidiert werden müssen. Des Weiteren definiert IAS 36.12d) ein triggering event, sobald der Buchwert des Nettovermögens des Unternehmens größer ist als seine Marktkapitalisierung (sogenannte Buchwert-Marktwert-Lücke). Bei branchenübergreifenden Kursverlusten von mittlerweile bis zu 50 % sind zahlreiche Unternehmen davon betroffen. Der Marktwert eines Unternehmens wird regelmäßig durch seine Marktkapitalisierung bestimmt. Diese kann durch Multiplikation des Börsenkurses je Aktie mit der Anzahl an ausgegebenen Aktien, jeweils zum entsprechenden Stichtag, ermittelt werden und reflektiert die Erwartungen der Kapitalmarktteilnehmer hinsichtlich der (zukünftigen) Ertragskraft des Unternehmens. Insoweit stellt die Marktkapitalisierung bei einem funktionierenden Kapitalmarkt den vom Markt erwarteten Zukunftserfolgswert, mithin den Unternehmenswert i.S. eines Marktwerts dar. Sinkt der Marktwert des bilanzierenden Unternehmens unter den bilanziellen Buchwert des in der (Konzern-)Bilanz ausgewiesenen Eigenkapitals, ist regelmäßig ein Impairment Test vorzunehmen.

Neben der Prognose der Cashflows sind auch bezüglich der durchschnittlichen gewichteten Kapitalkosten (WACC) Analysen erforderlich, ob die zunehmenden Volatilitäten am Markt dazu führen, dass bspw. Betafaktoren zur Messung des systematischen Risikos einer Peer-Group stärker schwanken als noch vor wenigen Wochen. Zusätzlich sollten auch intensive Überlegungen zu möglichen Insolvenzrisiken, Länderrisiken und Währungsrisiken Eingang in die Bewertung finden. Es ist davon auszugehen, dass die Kapitalmärkte nachhaltig von der Corona-Krise geprägt sein werden.

Es ist Unternehmen zu raten, die geänderten Annahmen bezüglich der Cashflow-Prognosen sowie der Kapitalkosten aufgrund der aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Corona-Krise detailliert im Anhang zu erläutern. In diesem Zusammenhang sollten auch weitergehende Sensitivitätsanalysen angestellt werden, da insbesondere die wirtschaftlichen Langfristfolgen heute noch nicht mit hinreichender Sicherheit abgeschätzt werden können. Eine Szenarioanalyse hilft dabei, best-case Szenarien sowie worst-case Szenarien besser einordnen zu können. 

Unternehmen müssen zeitnah analysieren, ob ein triggering event nach IAS 36 vorliegt. Dies dürfte in den überwiegenden Fällen zu bejahen sein. Daher müssen sich Unternehmen mit den Folgewirkungen der Corona-Krise auf Cashflows und Kapitalkosten auseinandersetzen. Aufgrund der Komplexität der gegenwärtigen Situation und der ihr anhaftenden Unsicherheit müssen die notwendigen und richtigen Maßnahmen frühzeitig eingeleitet werden. 

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