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Corona-Über­brückungs­hilfe Flexi­bilisierung Beihilfe­recht Phase II

Hintergrund

Aufgrund der Corona-Pandemie mussten viele Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit stark einschränken oder sogar komplett einstellen. Um besonders stark betroffene Unternehmen zu unterstützen, stellen Bund und Länder gemeinsam im Rahmen der sogenannten Corona-Überbrückungshilfen Liquiditätshilfen zur Verfügung. Die Beantragung der Förderung kann lediglich von Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern, Rechtsanwälten sowie vereidigten Buchprüfern für deren Mandanten erfolgen. Diese können sich auf der Seite www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de registrieren und für Ihre Mandanten die Anträge zentral stellen.

Aktuell sind Antragsstellungen für die Überbrückungshilfe II, betreffend die Fördermonate September bis Dezember 2020, sowie zu den außerordentlichen Wirtschaftshilfen (Novemberhilfe, Dezemberhilfe) möglich. Zudem wurde für Mitte/Ende Februar bereits der Start der Überbrückungshilfe III, betreffend die Fördermonate November 2020 bis Juni 2021, angekündigt. Weitere Förderprogramme wie die Novemberhilfe Plus und Dezemberhilfe Plus sollen ebenfalls noch folgen.

Die verschiedenen Corona-Förderprogramme stützen sich dabei jeweils auf verschiedene beihilferechtliche Regelungen (De-minimis-Verordnung, Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 und Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020) mit unterschiedlichen Anforderungen.

Durch die Erweiterung der beihilferechtlichen Obergrenzen für Kleinbeihilfen auf EUR 1,8 Mio. pro Unternehmen (zuvor EUR 800.000) wurde in diesem Zusammenhang aktuell zusätzlicher Spielraum für die Corona-Förderungen geschaffen. Dies gilt auch für die Corona-Überbrückungshilfe II, da Unternehmen gemäß Pressemitteilung des BMWi vom 02.02.2021 nun im Rahmen der entsprechenden verpflichtend vorzunehmenden Schlussabrechnung von einem Wahlrecht Gebrauch machen können, auf welchen beihilferechtlichen Rahmen sie ihre Anträge für die Gewährung der Überbrückungshilfe II stützen. Dies kann dazu führen, dass für einige Unternehmen die Beantragung der Überbrückungshilfe II nun auch ohne das Vorliegen nachzuweisender Verluste bzw. ungedeckter Fixkosten möglich sein wird.

Antragsvoraussetzungen der Phase II

Grundsätzlich sind in der Überbrückungshilfe II Unternehmen und Organisationen aller Branchen antragsberechtigt, wenn sie sich nicht für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds qualifizieren. Als Antragsvoraussetzung ist ein Umsatzrückgang von entweder

  • mindestens 50 % in zwei zusammenhängenden Monaten im Zeitraum April bis August 2020 gegenüber den Vorjahresmonaten oder
  • mindestens 30 % im Durchschnitt in den Monaten April bis August 2020 gegenüber dem Vorjahreszeitraum

vorgesehen. Bei Erfüllung dieser Zugangsvoraussetzungen können Unternehmen auf Basis eines definierten Fixkostenkatalogs – in Abhängigkeit der Umsatzrückgänge und der Höhe der Fixkosten im betreffenden Fördermonat – Förderungen von bis zu EUR 50.000 pro Monat für die Fördermonate September bis Dezember 2020 erhalten.

Erhöhung der Kleinbeihilfen und Wahl des beihilferechtlichen Rahmens

Die Überbrückungshilfe II fiel beihilferechtlich bislang ausschließlich unter die „Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020“. Hierbei können Beihilfen als Beitrag zu den ungedeckten Fixkosten eines Unternehmens in Höhe von aktuell bis zu EUR 3 Mio. pro Unternehmen bzw. Unternehmensverbund vergeben werden, sofern diese nicht bereits durch andere Förderungen abgedeckt sind. Für den Erhalt dieser Corona-Förderung ist nach der „Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020“ ein entsprechender Verlustnachweis erforderlich.

Mit Pressemitteilung vom 02.02.2021 informiert das BMWi nun darüber, dass mit der Erweiterung der beihilferechtlichen Obergrenzen für die „Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“ auf EUR 1,8 Mio. pro Unternehmen bzw. Unternehmensverbund (bislang EUR 800.000) nun ein im Rahmen der für die Corona-Überbrückungshilfe II verpflichtenden Schlussabrechnung auszuübendes Wahlrecht geschaffen wird, in dem Unternehmen rückwirkend entscheiden dürfen, auf welchen beihilferechtlichen Rahmen sie ihre Anträge für die Gewährung der Überbrückungshilfe II stützen. Für Unternehmen, bei denen der Spielraum der Kleinbeihilfenregelung von bis zu EUR 1,8 Mio. ausreicht, bedeutet das, dass bei der Schlussabrechnung und unter optionaler Anwendung der „Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“ keine Verluste nachgewiesen werden müssen. Für Unternehmen, für die der Spielraum der Kleinbeihilfenregelung von bis zu EUR 1,8 Mio. nicht ausreicht und die deshalb weiterhin auf die „Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020“ abstellen müssen, bleibt es dabei, dass Verluste nachgewiesen werden müssen.

Antragstechnische Umsetzung

Für die Ausübung des Wahlrechts ist kein separater Änderungsantrag notwendig. Bereits auf Grundlage der „Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020“ gestellte Anträge behalten weiterhin ihre Gültigkeit. Erst im Rahmen der Schlussabrechnung ist eine Verlustrechnung vorzulegen, sofern das Wahlrecht, zur „Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“ zu optieren, nicht ausgeübt wird. Wird im Rahmen der Schlussabrechnung das Wahlrecht aber ausgeübt, wird auf die „Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“ abgestellt. Voraussetzung ist, dass die beihilferechtliche Obergrenze von nunmehr EUR 1,8 Mio. insgesamt – d.h. unter Berücksichtigung anderer Förderungen auf dieser Grundlage (z.B. Überbrückungshilfe I, Novemberhilfe, Dezemberhilfe) nicht überschritten wird. Eine Verlustrechnung ist in diesem Fall nicht notwendig. Wurde eine Verlustrechnung aber schon frühzeitig durchgeführt und führte dies zu einer Kürzung der Überbrückungshilfe II, können die geförderten Fixkosten nach oben korrigiert werden.

Fazit

Die Änderungen der beihilferechtlichen Grundlagen der Überbrückungshilfe II sind grundsätzlich zu begrüßen, da nun ein Nachweis von Verlusten nicht mehr zwingend notwendig ist. Stattdessen kann u.U. auf die „Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“ abgestellt werden. Dies bietet insbesondere für kleinere Unternehmen, die die neue Obergrenze der „Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“ von nunmehr EUR 1,8 Mio. nicht überschreiten, eine wesentliche Erleichterung. Ungeachtet dessen tragen die erneuten Änderungen weiter zu den teilweise in der Praxis bestehenden Unsicherheiten im Zusammenhang mit den Beantragungen von Corona-Hilfen bei.

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