Die Voraussetzung für die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung ist eindeutig: Der Steuerpflichtige muss sich finanziell an den Kosten des Hauptwohnsitzes beteiligen. In Bezug auf diese Bestimmung hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) nun erstmals mit seinem Urteil vom 12. Januar 2023, Vl R 39/19 geäußert.
Wird aus beruflichen Gründen am Arbeitsort zusätzlich ein zweiter Hausstand geführt, können die damit verbundenen Kosten unter bestimmten Bedingungen als Werbungskosten geltend gemacht werden, wobei es sich im eigentlichen Sinne um Kosten der Lebensführung handelt. Voraussetzung eines Hausstands außerhalb des Orts der ersten Tätigkeitsstätte ist gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG das Vorhandensein einer Wohnung und eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung. Durch die Aufnahme des Merkmals der finanziellen Beteiligung im Rahmen der Reisekostenreform beabsichtigte der Gesetzgeber eine erhöhte Anforderung einer doppelten Haushaltsführung bei Arbeitnehmern, die bei ihren Eltern leben.
Hintergrund
Im vorliegenden Fall hat Person A eine angemietete Wohnung, von dieser fährt er täglich zu seiner Arbeitsstelle. Gleichzeitig bewohnt er mit seinem Bruder unentgeltlich das Obergeschoss des Elternhauses in einer anderen Stadt. A beantragte die Anerkennung von Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung, jedoch wurde sein Antrag zunächst vom Finanzamt abgelehnt. Das Finanzgericht hingegen gab A recht und erkannte seine finanzielle Beteiligung an den Lebensmittel- und Getränkeeinkäufen sowie an Einmalzahlungen an.
BFH-Urteil vom 12. Januar 2023 – Vl R 39/19
Der BFH bestätigte am 12. Januar 2023 – Vl R 39/19 das FG-Urteil und wies die Revision des Finanzamtes zurück. Der BFH berücksichtigt in seinem Urteil – im Gegensatz zur Finanzverwaltung – auch außergewöhnliche oder einmalige Ausgaben wie die Anschaffung von Haushaltsgegenständen und Renovierungskosten als Kosten der Lebensführung. Das Gericht lehnt zudem die Notwendigkeit einer gleichmäßigen und regelmäßigen Zahlung ab, wie sie von der Finanzverwaltung gefordert wird. Demnach sind einmalige Zuzahlungen zu den Haushaltskosten ausreichend.
Der BFH unterscheidet in Bezug auf die Art der maßgeblichen Kosten, an denen eine Beteiligung erforderlich ist. Obwohl der Gesetzgeber von Kosten der Lebensführung spricht, vertritt der BFH die Ansicht, dass damit Kosten der Haushaltsführung gemeint sind. Der BFH stützt sich dabei auf seine räumlich-funktionale Betrachtung des Haushalts, wie sie in § 35a EStG zum Ausdruck kommt. Hierzu zählen die Kosten, die für die Nutzung des Wohnraums aufgewendet werden müssen bzw. die durch dessen Nutzung entstehen (z. B. Finanzierung, Miete, Betriebs- und sonstige Nebenkosten) sowie die sonstigen Kosten der Haushaltsführung in der Wohnung (z. B. Aufwendungen für Lebensmittel, Telekommunikation etc.). Aufwendungen für Kleidung, Urlaub, Freizeitgestaltung, Pkw und Gesundheitsvorsorge sind dagegen nicht inbegriffen.
Gemäß den Anforderungen an eine doppelte Haushaltsführung ist eine finanzielle Beteiligung an den Kosten des Haupthausstands eine wesentliche Voraussetzung für die Anerkennung einer solchen Situation. Es gibt keine spezifische Mindesthöhe oder Verpflichtung zu regelmäßigen Zahlungen, die erfüllt werden müssen. Stattdessen kann die finanzielle Beteiligung durch Einmalzahlungen oder geschätzte Kosten erfolgen.
Die finanzielle Beteiligung an den Kosten des Haupthausstands darf nach Ansicht des BFH „nicht erkennbar unzureichend“ sein (BFH v. 2.9.1977, VI R 114/76, BStBl II 1978, S. 26). Das ist aufgrund einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen. Die Grenze der Finanzverwaltung lehnt der BFH damit ab. Als Vergleichsmaßstab für eine nicht erkennbar unzureichend finanzielle Beteiligung dient die jährlich tatsächlich entstandenen Haushalts- und sonstigen Lebenshaltungskosten. Diese sind vom Steuerpflichtigen darzulegen und ggf. nachzuweisen. Erforderlich ist eine Kostenbeteiligung in Form von Geld, eine Haushaltsbeteiligung in sonstiger Form, beispielsweise durch Dienstleistungen im Haushalt, sind nicht ausreichend.