Am 17.07.2024 hat das Bundeskabinett die Wachstumsinitiative vom 05.07.2024 beschlossen. Mit 49 Einzelmaßnahmen soll der Wirtschaftsstandort Deutschland unter anderem durch steuerliche Begünstigungen, die Förderung von Investitionen, den Abbau von Bürokratie und dem Anwerben neuer Fachkräfte gestärkt werden. Die Umsetzung einiger Maßnahmen wurde bereits mit dem Gesetzgebungsverfahren zum Steuerfortentwicklungsgesetz in Angriff genommen.
Der Gesetzgeber hat erkannt, dass die Attraktivität, die Wettbewerbsfähigkeit sowie die Innovationskraft des Wirtschaftsstandorts Deutschland und das Arbeitskräftepotenzial nach einer kontinuierlichen Abnahme über mehrere Jahre wieder gestärkt werden müssen. Hierfür hat das Bundeskabinett am 17.07.2024 die am 05.07.2024 veröffentlichte Wachstumsinitiative beschlossen.
Der deutschen Wirtschaft sollen hiermit erste angebotsseitige Impulse für mehr wirtschaftliche Dynamik gegeben werden. Insgesamt umfasst die Wachstumsinitiative 49 Maßnahmen, die sich über fünf Bereiche erstrecken. Durch die Wachstumsinitiative sollen die Wettbewerbsfähigkeit, die unternehmerische Dynamik, die Arbeitsanreize und Fachkräftesituation, die Leistungsfähigkeit des Finanzstandorts Deutschland sowie die Leistungsfähigkeit des Energiemarkts gestärkt bzw. verbessert werden. Der Gesetzgeber plant zur Umsetzung seiner Ziele unter anderem mit folgenden Maßnahmen:
Wettbewerbsfähigkeit stärken:
- Abschreibungsmöglichkeiten verbessern: Ausweitung des Anwendungszeitraums der degressiven Abschreibung und Anhebung des Abschreibungssatzes der degressiven AfA auf 25 % sowie Reformierung der Poolabschreibung (beide Maßnahmen sind bereits Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens zum Steuerfortentwicklungsgesetz)
- Forschungszulage verbessern: Anhebung der Bemessungsgrundlage von 10 Mio. EUR auf 12 Mio. EUR (bereits Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens zum Steuerfortentwicklungsgesetz)
- Kalte Progression vermeiden: Verschiebung der Tarifeckwerte zur Vermeidung der Effekte der kalten Progression (bereits Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens zum Steuerfortentwicklungsgesetz)
- E-Mobilitätsstandort stärken: Einführung einer Sonderabschreibung für bis Ende 2028 neu zugelassene vollelektrische und vergleichbare Nullemissionsfahrzeuge (Betrieb mit E-Fuels) für Unternehmen mit Wirkung zum 01.07.2024, Anhebung des Bruttolistenpreises von 70.000 EUR auf 95.000 EUR bei der Dienstwagenbesteuerung und steuerliche Gleichstellung von vollelektrischen Fahrzeugen und solchen, die mit E-Fuels betrieben werden
Unternehmerische Dynamik stärken:
- Bürokratie weiter abbauen: Jährliche Verkündung eines Bürokratie-Entlastungsgesetzes, wodurch sichergestellt werden soll, dass der Bürokratieabbau auch unter Berücksichtigung neu geschaffener Regelungen erfolgt; Einrichtung eines Online-Bürokratieentlastungsportals, um der Wirtschaft, den Bürgerinnen und Bürgern sowie der Verwaltung die Möglichkeit zum Vorschlag von konkreten Maßnahmen zum Bürokratieabbau zu bieten
- Anwendung datenschutzrechtlicher Anforderungen reduzieren: Anhebung der Schwelle zur Pflichtbestellung eines Datenschutzbeauftragten von 20 auf 50 Mitarbeiter
- Steuerrecht vereinfachen: Prüfung und unter dem Vorbehalt eines positiven Ergebnisses Umsetzung der Ergebnisse der Experten-Kommission „Vereinfachte Unternehmenssteuer“ und „Bürgernahe Einkommensteuer“
Dynamisierung durch bessere Arbeitsanreize und mehr Fachkräfte:
- Mehrarbeit honorieren und Flexibilität ermöglichen: Steuer- und Beitragsfreiheit von Zuschlägen für Mehrarbeit, die über die Vollarbeitszeit (mindestens 34 Stunden bei tariflichen Regelungen, ansonsten 40 Stunden) hinausgeht
- Frauenerwerbstätigkeit stärken: Überführung der Steuerklassenkombination III/IV in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV (bereits Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens zum Steuerfortentwicklungsgesetz)
- Arbeitsaufnahme in Deutschland steuerlich begünstigen: Zugewanderte Fachkräfte sollen in den ersten drei Jahren 30 %, 20 % und 10 % vom Bruttolohn steuerfrei beziehen können
Leistungsfähiger Finanzstandort für eine starke Wirtschaft
- Wagniskapital mobilisieren: Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für Venture-Capital-Investments
- Neue Rechtsform einführen: Schaffung einer neuen Rechtsgrundlage für Unternehmen mit gebundenem Vermögen unter Ausschluss von Steuersparkonstruktionen im Kontext der Nachfolge
Leistungsfähiger Energiemarkt für die Wirtschaft von morgen
- Strompreispaket verstetigen und ausweiten: Dauerhafte Senkung der Strompreissteuer auf das EU-Minimum von 0,5 EUR/MWh für den jetzigen Begünstigtenkreis des bis Ende 2025 befristeten Strompreispakets
Die Umsetzung des Maßnahmenpakets zur Wachstumsinitiative ist in Teilen bereits im Gesetzgebungsverfahren zum Steuerfortentwicklungsgesetz (ehemals zweites Jahressteuergesetz 2024) in Angriff genommen worden. Es bleibt abzuwarten, ob die Vorhaben auch im finalen Gesetz enthalten sein werden oder wieder eine Eliminierung vieler begünstigenden Maßnahmen wie beim Gesetzgebungsverfahren zum Wachstumschancengesetz erfolgen wird. Gleiches gilt für den Großteil der Maßnahmen, die mit der Wachstumsinitiative angekündigt, bisher aber noch nicht in Angriff genommen wurden.