Am 17. Oktober 2024 hat der Fachausschuss Unternehmensberichterstattung (FAB) eine Neufassung des Moduls IAS 1-M1 der IDW-Stellungnahme zur Rechnungslegung: IFRS-Modulverlautbarung (IDW RS FAB 50 (vormals: IDW RS HFA 50)) verabschiedet. Das Modul befasst sich mit Zweifelsfragen bei der bilanziellen Abbildung von Reverse-Factoring-Transaktionen und ist aufgrund der Regelungen zu Lieferantenfinanzierungsvereinbarungen nach IFRS ergänzt worden.
Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. (IDW) befasst sich im Rahmen seiner Facharbeit auch mit Auslegungsfragen der nationalen und internationalen Rechnungslegung. Der Modulstandard IDW RS FAB 50 beinhaltet einzelne, jeweils in sich geschlossene Stellungnahmen zu Einzelfragen der IFRS-Interpretation, sofern keine abweichende Auffassung vom IASB oder IFRS IC geäußert wurde. Der Aufbau des Standards sieht eine Unterteilung nach den IFRS-Normen vor, auf die sich die zu interpretierende Fragestellung bezieht bzw. denen sie entstammt.
Im Juni 2024 wurde der Entwurf einer Neufassung des Moduls IAS 1-M1 nach seiner Verabschiedung veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Die Kommentierungsfrist für den Entwurf der Neufassung des Moduls endete am 16. Oktober 2024. Am 17. Oktober 2024 verabschiedete der Fachausschuss Unternehmensberichterstattung (FAB) eine Neufassung des Moduls IAS 1-M1 der IDW-Stellungnahme zur Rechnungslegung: IFRS-Modulverlautbarung (IDW RS FAB 50, ehemals: IDW RS HFA 50).
In der Neufassung werden die vom IASB im Mai 2023 veröffentlichten „Amendments to IAS 7 and IFRS 7 – Supplier Finance Arrangements“ berücksichtigt. Diese beinhalten Klarstellungen und neue Angabepflichten für sog. Lieferantenfinanzierungsvereinbarungen (einschließlich Reverse-Factoring-Vereinbarungen). Für Geschäftsjahre ab dem 1. Januar 2024 sind diese erstmals verpflichtend anzuwenden.
Das Ziel des IASB besteht in einer transparenteren Darstellung der Auswirkungen derartiger Geschäftsaktivitäten auf die Verbindlichkeiten, Zahlungsströme und Liquiditätsrisiken der betroffenen Unternehmen in ihren Finanzinformationen. Mit diesen Änderungen wird die Agenda-Entscheidung „Supply Chain Financing Arrangements – Reverse Factoring“ des IFRS IC aus dem Jahr 2020 ergänzt, welche die Grundlage für die ursprüngliche Entwicklung des Moduls IAS 1-M1 darstellt.
In einer Reverse-Factoring-Vereinbarung verständigen sich der Gläubiger (Lieferant) und der Schuldner (Kunde) auf den Verkauf bestehender und/oder künftiger Forderungen aus Lieferungen und Leistungen an eine Bank, ein Factoring-Unternehmen oder eine ähnliche Vertragspartei. Der Unterschied zum „typischen“ Factoring besteht darin, dass die Reverse-Factoring-Transaktionen vom Kunden oder vom Finanzdienstleister initiiert werden. Dabei werden häufig die ursprünglichen Vertragsbedingungen der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen geändert, beispielsweise durch eine Verlängerung des Zahlungsziels.
Bei einer Reverse-Factoring-Vereinbarung ist auf Ebene des Kunden zu prüfen, ob die Änderung der ursprünglich vereinbarten Zahlungsströme zu einer Anpassung des Ausweises der bislang erfassten Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen führt. Zudem muss die Darstellung der Zahlungsströme aus der Reverse-Factoring-Transaktion in der Kapitalflussrechnung sowie im Anhang geklärt werden.
Ob die ursprüngliche finanzielle Verbindlichkeit aus Lieferungen und Leistungen aufgrund einer Reverse-Factoring-Vereinbarung auszubuchen ist, muss vom bilanzierenden Unternehmen beurteilt werden. Eine Ausbuchung erfolgt dabei entweder bei rechtlichem Erlöschen der Verbindlichkeit oder bei einer (quantitativ oder qualitativ) substanziellen Modifikation der Verbindlichkeit. Ein Gläubigerwechsel dagegen führt nicht zu einer Ausbuchung.
Kommt es zu einer Ausbuchung der Verbindlichkeit nach IFRS 9, führt dies nicht zwingend zum Ausweis einer (sonstigen) finanziellen Verbindlichkeit. In einem solchen Fall ist im Hinblick auf den Ausweis bzw. die Darstellung der neuen finanziellen Verbindlichkeit gegenüber dem Finanzdienstleister IAS 1 (Darstellung des Abschlusses) anzuwenden. Dabei gibt es drei Möglichkeiten für den Ausweis von Verbindlichkeiten, die Gegenstand einer Reverse-Factoring-Vereinbarung sind: (1) innerhalb des Bilanzpostens „Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen und sonstige Verbindlichkeiten“, (2) innerhalb des Bilanzpostens „finanzielle Verbindlichkeiten“ oder (3) als separater Posten und somit getrennt von den anderen Posten der Bilanz.
Wird die Verbindlichkeit als eine Verbindlichkeit aus Lieferungen und Leistungen betrachtet, spricht dies in der Kapitalflussrechnung für eine Darstellung der Zahlungen als Zahlungsströme aus betrieblicher Tätigkeit. Handelt es sich hingegen nicht mehr um eine Verbindlichkeit aus Lieferungen und Leistungen, weil die Verbindlichkeit einen Teil der Finanzierung des Unternehmens darstellt, so stellt der Mittelabfluss zur Begleichung der Verbindlichkeit regelmäßig einen Zahlungsstrom aus Finanzierungstätigkeit dar. Bei keiner eindeutigen Klassifizierung der Zahlungen ist ein Ausweis als Zahlungsströme aus betrieblicher Tätigkeit jedoch angebracht.
Informationen über Reverse-Factoring-Vereinbarungen müssen nach IAS 1.112 in den Notes angegeben werden, soweit diese für das Verständnis des Abschlusses relevant sind. Nach IAS 1.122 müssen die Ermessensentscheidungen eines bilanzierenden Unternehmens, welche die im Abschluss ausgewiesenen Beträge am signifikantesten beeinflussen, angegeben werden. Dies betrifft beispielsweise die Einschätzung der Darstellung der Verbindlichkeiten und Zahlungen im Zusammenhang mit Reverse-Factoring-Vereinbarungen. Darüber hinaus müssen im Rahmen der Kapitalflussrechnung Angaben gemacht werden, anhand derer die Abschlussadressaten Veränderungen von Verbindlichkeiten aus Finanzierungstätigkeiten beurteilen können. Erforderlich ist dies, wenn die Zahlungen für die entsprechenden Verbindlichkeiten als Zahlungsströme aus Finanzierungstätigkeiten eingestuft werden. Zudem hat ein Unternehmen Informationen über seine Lieferantenfinanzierungsvereinbarungen anzugeben, die es den Abschlussadressaten ermöglichen, die Auswirkungen dieser Vereinbarungen auf die Verbindlichkeiten und Zahlungsströme des Unternehmens sowie auf das Liquiditätsrisiko des Unternehmens zu beurteilen.