Der Fall: Ein Unternehmen gewährt seinen Mitarbeitern neben dem Arbeitsentgelt einen Anspruch auf zusätzliche bezahlte Freizeit für jedes volle Jahr der Betriebszugehörigkeit, welche unmittelbar vor dem Eintritt in den Ruhestand in Anspruch genommen werden kann. Wie sind solche Zusagen von Altersfreizeit im handelsrechtlichen Jahresabschluss abzubilden?
Es ist zu untersuchen, zu welchem Zeitpunkt eine Verbindlichkeitsrückstellung für diese Verpflichtung zu erfassen ist. Entweder ist diese schon während der Arbeitszeit des Arbeitsnehmers zu passivieren, oder der Aufwand darf erst in dem oder den Jahresabschlüssen erfasst werden, in der bzw. denen die Inanspruchnahme durch Arbeitnehmer*innen erfolgt (siehe auch IDW Life November 2021, S. 1122).
1. Liegt ein drohender Verlust aus schwebenden Arbeitsverhältnissen vor?
- In der Rechtsprechung wird i.d.R. von einer Ausgewogenheit des Werts der Arbeitsleistung und der Höhe der Vergütung ausgegangen.
- Auch wenn älteren Arbeitnehmer*innen neben ihrem vertraglichen Jahresurlaub ein zusätzlicher jährlicher Anspruch auf bezahlte Freizeit eingeräumt wird, führt dies i.d.R. nicht zu einer Unausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung aus einem Arbeitsverhältnis.
- Somit kommt es nicht zur Bildung einer Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften.
2. Ist die Verpflichtung bereits rechtlich entstanden, oder zumindest wirtschaftlich bis zum Abschlussstichtag verursacht?
- Steuerlich wird die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten nur anerkannt, sofern mit der Freistellung eine Vorleistung des Arbeitnehmers ausgeglichen wird (z.B. Überstunden).
- Es muss also ein Erfüllungsrückstand des Arbeitnehmers vorliegen.
- Das BMF lehnt eine wirtschaftliche Verursachung der Verpflichtung vor dem Eintritt in die Arbeitsfreistellung ab.
- Die Gewährung von Altersfreizeit ist vergleichbar mit Zusagen von Jubiläumszahlungen oder einer betrieblichen Altersversorgung.
- Dennoch gerät der Arbeitgeber mit fortschreitender Beschäftigungsdauer zunehmend in Erfüllungsrückstand.
- In einem Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts wurden die gleichen Überlegungen in der Urteilsbegründung vorgetragen.
- Es bleibt aber bei der Auffassung des BMF und der Finanzrechtsprechung, dass eine ratierliche wirtschaftliche Verursachung vor dem Eintritt in die Arbeitsfreistellung nicht gesehen wird und demnach steuerlich keine Rückstellungsbildung begründet ist.
- Handelsbilanziell scheint es hingegen geboten, den Aufwand für die Altersfreizeit in dem oben skizzierten Fall ratierlich über die gesamte relevante Beschäftigungsdauer bereits vor dem Zeitpunkt des Eintritts in die Arbeitsfreistellung durch Bildung einer Rückstellung anzusammeln.