Der BFH hat mit Urteil vom 14.04.2022 (IV R 32/19) entschieden, dass es durch die Einräumung von Filmverwertungsrechten nicht zu einem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums kommt. Im Ergebnis können – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung – die für Leasingverträge entwickelten Grundsätze zum wirtschaftlichen Eigentum nicht uneingeschränkt auf die Nutzungsüberlassung von Filmrechten übertragen werden.
Im konkreten Streitfall hatte die Klägerin, eine in der Rechtsform der GmbH & Co. KG geführte Filmproduktionsgesellschaft, im Jahr 2007 ein in der Filmbranche tätiges Unternehmen mit der Herstellung eines Kinofilms beauftragt. Die Klägerin erwarb das alleinige und ausschließliche Eigentum aller Rechte an dem Kinofilm und schloss ebenfalls im Jahr 2007 einen Filmvertriebsvertrag mit einer im Ausland ansässigen Lizenznehmerin ab, durch welchen der Lizenznehmerin die umfassenden, alleinigen, exklusiven und unwiderruflichen Verwertungsrechte für einen Zeitraum von 42 Jahren eingeräumt wurden.
Als Entgelt für die Einräumung der Verwertungsrechte wurden über die gesamte Vertragslaufzeit zu leistende fixe Zahlungen sowie weitere variable Beteiligungs-Lizenzgebühren festgelegt. Zusätzlich wurde der Klägerin eine vertraglich vereinbarte Gewinnbeteiligung gewährt. Hinsichtlich des Auslaufens des Vertrags wurden eine Verlängerungsoption sowie eine Kaufoption für die Lizenznehmerin vereinbart. Eine Verkaufsoption der Klägerin war hingegen nur in sehr restriktiven Fällen vorgesehen.
Strittig war im vorliegenden Fall nun, ob im Rahmen des Filmvertriebsvertrags das wirtschaftliche Eigentum an den Filmverwertungsrechten von der Klägerin auf die Lizenznehmerin übergegangen ist, insbesondere mit der Folge, dass die Klägerin eine abgezinste Kaufpreisforderung zu aktivieren gehabt hätte. Nach einer Außenprüfung bei der GmbH & Co. KG vertrat das Finanzamt diese Auffassung, das Finanzgericht widersprach dieser jedoch.
Der BFH hat mit seinem Urteil vom 14.04.2022 das Urteil des Finanzgerichts bestätigt und die Frage des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums verneint. In seiner Urteilsbegründung führt der BFH an, dass die Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums der Filmrechte nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO zum Nutzungsberechtigten (hier: der Lizenznehmerin) nur ausnahmsweise und nur dann in Betracht komme, wenn der zivilrechtliche Eigentümer (hier: die GmbH & Co. KG) infolge der vertraglichen Vereinbarungen während der gesamten voraussichtlichen Nutzungsdauer der Filmrechte von deren Substanz und Ertrag wirtschaftlich ausgeschlossen sei. Hieran fehlte es im vorliegenden Fall aufgrund der erfolgsabhängigen Vergütungen, welche der Klägerin während der gesamten Vertragslaufzeit eine Partizipation an den Wertsteigerungen der Filmrechte zusicherten.
Auch die lange Laufzeit des Filmvertriebsvertrags sowie die vereinbarte Kaufoption seien nicht geeignet, den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums zu begründen. Dies resultiere im vorliegenden Fall unter anderem daraus, dass die Klägerin aufgrund vertraglicher Vereinbarungen bei Ausübung der Kaufoption in Höhe von 25 % an einem etwaigen höheren Marktpreis und somit in einem wirtschaftlich bedeutsamen Umfang an den zukünftigen Wertsteigerungen des Kinofilms beteiligt gewesen wäre.
Der BFH hat in seiner Urteilsbegründung explizit darauf hingewiesen, dass die für Leasingverträge entwickelten Grundsätze zur Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums nicht uneingeschränkt auf die Nutzungsüberlassung von Filmrechten übertragen werden können, auch wenn die Gestaltungs- und Verwertungskonzepte deutliche Ähnlichkeiten aufweisen würden. Der BFH begründet dies damit, dass im Fall der Überlassung von Filmverwertungsrechten – anders als bei materiellen Wirtschaftsgütern – keine hinreichend verlässliche ex-ante-Einschätzung der Wertentwicklung im Zeitpunkt des Abschlusses des Filmvertriebsvertrags abgegeben werden könne. Im Ergebnis hatte die Klägerin mangels der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums keine abgezinste Kaufpreisforderung zu aktivieren.